Klingeling… ich lass die Getreidewurzeln ins Wasser zurückgleiten, die ich gerade auf Schwarzbeinigkeit untersuchen wollte, und schnapp mir das Telefon. Moin… aha Ausfallgetreide im Raps… ja, schwer zu bekämpfen… Propaquizafop wirkt nicht… Ausfallgetreide ist immer noch grün.. was nun?
Puh, das war ein schwieriges Telefonat. Ich merke dieses Thema ist nicht ganz einfach. Warum das Propaquizafop nicht gewirkt hat und was das alles mit dem pH-Wert zu tun hat, wie du den pH-Wert richtig bestimmst und dann dein Spritzwasser richtig einstellst, liest du in diesem Artikel.Wenn ein Pflanzenschutzmittel wie im oben genannten Fall das Propaquizafop gegen Ausfallgetreide im Raps nicht wirkt, kann es an vielen Dingen liegen. Schlechte oder fehlende Spritzenreinigung, zu kaltes Spritzwasser, falsche Mischungsreihenfolge, zu hartes Wasser, Resistenzen… die Liste ist lang. Oftmals sind es aber Dinge, die du leicht beheben kannst. So zum Beispiel Wirkungsverluste, die durch den falschen pH-Wert des Spritzwassers auftreten können. Denn der pH-Wert deines Spritzwassers kann die Wirkung deiner Pflanzenschutzmaßnahme erheblich beeinflussen, wie wir schon in unserem anderen pH-Wert-Artikel erklärt haben.
Sehr viele Wirkstoffe fühlen sich eher in saurem bis schwach-saurem Milieu wohl (pH 4 – 6,5) und entfalten erst dort ihre optimale Wirkung. So auch Propaquizafop. Verwendest du z.B. Brunnenwasser für deine Spritzungen, liegt der pH-Wert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über 7, wenn nicht sogar weit über 8. Mischt du dann noch ein stark basisches Borethanolamin dazu, beginnt die alkalische Hydrolyse. D.h. der Wirkstoff startet sofort durch und fängt an, sich in dieser basischen Brühe abzubauen. Das kannst du nicht stoppen und auch nicht wieder umkehren. Dann hast du einfach verloren, denn der Wirkstoff ist futsch und die Behandlung war umsonst.
So ist es auch dem Landwirt ergangen, der mich anrief. Gerade im 4-6-Blattstadium freut sich der Raps über eine Mikronährstoffdüngung mit Bor und einem Schuss Propaquizafop dazu, um eine Überfahrt zu sparen. Doch gerade diese Mischung ist ganz schlecht. Ich habe ihn gebeten, mal einen genauen Blick auf sein Spritzwasser zu werfen.
Soll deine Pflanzenschutzmaßnahme auch die von dir gewünschte Wirkung erzielen, so musst du folgendes wissen:
Warum du deine Wasserhärte kennen solltest, wie du sie bestimmst etc. liest du hier. Nun geht’s zum pH-Wert.
Hier stellt sich zuerst die Frage, welche Wasserherkunft setzt du für deine Pflanzenschutzmaßnahmen ein. Leitungswasser, Brunnenwasser, Oberflächenwasser oder vielleicht Regenwasser?! Apropos Oberflächenwasser. Wusstest du, dass gegen die „gute fachliche Praxis“ verstößt, wenn Oberflächenwasser für deine Spritzungen verwendest?
Beim Leitungswasser findest du den pH-Wert meist schnell heraus, denn der regionale Wasserversorger muss dir die Daten bereitstellen. Manche Wasserwerk-Homepages sind sehr gut aufbereitet. Du wirst erstaunt sein, was du dort noch so über dein Wasser herausfinden kannst.
Bei Brunnen-, Oberflächen- oder Regenwasser musst du die Analyse selbst in die Hand nehmen.
Um den pH-Wert deines Spritzwassers in den Bereich von 4–6 zu bringen, musst du ihn absenken, also ansäuern. Hierzu eignen sind hervorragend Propionsäure, Zitronensäure als auch spezielle Wasserkonditionierer. Sowohl Säuren als auch die Konditionierer haben nicht nur die Eigenschaft anzusäuern, sondern auch die Härtebildner (Calcium, Magnesium, Eisen etc.) im Wasser zu binden. Du schlägst also quasi 2 Fliegen mit einer Klappe! Bitte achte darauf, diese Mittel immer zuerst in den Spritztank zu geben bevor irgendwelche anderen Wirkstoffe hinzukommen. Denn sonst können sie nicht ihre Arbeit tun.
In der Regel benötigst du auf 200 Liter Wasser/ha ca. 50 – 75 g Säure, um den pH-Wert von leicht über 7 in den Bereich von 4 – 6 zu senken. Aber dies kann von Wasser zu Wasser stark schwanken, denn umso härter das Wasser und umso höher der pH-Wert, desto schwerer ist die Absenkung! Man sollte im kleinen Maßstab, z.B. 10 Liter Eimer, sich an die pH-Absenkung rantasten und so die Menge an benötigter Säure für sein Wasser festlegen. Miss immer wieder nach, bis du den richtigen pH-Wert erreicht hast.
Praxistipp:
Sei besonders vorsichtig, wenn du Bor zusammen mit anderen Wirkstoffen ausbringen möchtest. Bordünger enthalten Borethanolamin, das hoch basisch ist und den pH-Wert jeder Spritzbrühe stark ansteigen lässt.
Beispiel:
In dieser Reihenfolge solltest du vorgehen:
Gerade in Zeiten von Wirkstoffresistenzen solltest du sicherstellen, dass du an jeder Stellschraube gedreht hast, um erst gar keine unbesiegbaren Monsterpilze, Käfermutanten oder wuchernde Beikräuter-Lianen ans Licht der Welt zu bringen. Wasserkonditionierung erhöht die Wirkung und die Stabilität vieler Wirkstoffe enorm! Auch wenn du dafür extra Geld in die Hand nehmen musst, überwiegt der Nutzen bei Weitem. Allein eine Überfahrt weniger spart dir Zeit, Produkt- und Dieselkosten, von der Maschinen- und Düsenabnutzung mal ganz abgesehen. Ein Versuch lohnt sich.