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Damit Pflanzenschutz auch wirkt: pH-Wert bestimmen und richtig konditionieren

Geschrieben von Team Ackerbau | Dienstag, 19.5.2020

Klingeling… ich lass die Getreidewurzeln ins Wasser zurückgleiten, die ich gerade auf Schwarzbeinigkeit untersuchen wollte, und schnapp mir das Telefon. Moin… aha Ausfallgetreide im Raps… ja, schwer zu bekämpfen… Propaquizafop wirkt nicht… Ausfallgetreide ist immer noch grün.. was nun?

Puh, das war ein schwieriges Telefonat. Ich merke dieses Thema ist nicht ganz einfach. Warum das Propaquizafop nicht gewirkt hat und was das alles mit dem pH-Wert zu tun hat, wie du den pH-Wert richtig bestimmst und dann dein Spritzwasser richtig einstellst, liest du in diesem Artikel. 

Was hat der pH-Wert mit Wirkungsverlusten von Pflanzenschutzmitteln zu tun?

Wenn ein Pflanzenschutzmittel wie im oben genannten Fall das Propaquizafop gegen Ausfallgetreide im Raps nicht wirkt, kann es an vielen Dingen liegen. Schlechte oder fehlende Spritzenreinigung, zu kaltes Spritzwasser, falsche Mischungsreihenfolge, zu hartes Wasser, Resistenzen… die Liste ist lang. Oftmals sind es aber Dinge, die du leicht beheben kannst. So zum Beispiel Wirkungsverluste, die durch den falschen pH-Wert des Spritzwassers auftreten können. Denn der pH-Wert deines Spritzwassers kann die Wirkung deiner Pflanzenschutzmaßnahme erheblich beeinflussen, wie wir schon in unserem anderen pH-Wert-Artikel erklärt haben.

Sehr viele Wirkstoffe fühlen sich eher in saurem bis schwach-saurem Milieu wohl (pH 4 – 6,5) und entfalten erst dort ihre optimale Wirkung. So auch Propaquizafop. Verwendest du z.B. Brunnenwasser für deine Spritzungen, liegt der pH-Wert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über 7, wenn nicht sogar weit über 8. Mischt du dann noch ein stark basisches Borethanolamin dazu, beginnt die alkalische Hydrolyse. D.h. der Wirkstoff startet sofort durch und fängt an, sich in dieser basischen Brühe abzubauen. Das kannst du nicht stoppen und auch nicht wieder umkehren. Dann hast du einfach verloren, denn der Wirkstoff ist futsch und die Behandlung war umsonst.

So ist es auch dem Landwirt ergangen, der mich anrief. Gerade im 4-6-Blattstadium freut sich der Raps über eine Mikronährstoffdüngung mit Bor und einem Schuss Propaquizafop dazu, um eine Überfahrt zu sparen. Doch gerade diese Mischung ist ganz schlecht. Ich habe ihn gebeten, mal einen genauen Blick auf sein Spritzwasser zu werfen.

Soll deine Pflanzenschutzmaßnahme auch die von dir gewünschte Wirkung erzielen, so musst du folgendes wissen:

  • Welche Wasserhärte und welchen pH-Wert hat mein Spritzwasser?
  • Sind die Wirkstoffe, die ich spritzen will, Wasserhärte oder pH-Wert sensibel?

Warum du deine Wasserhärte kennen solltest, wie du sie bestimmst etc. liest du hier. Nun geht’s zum pH-Wert.

Hier stellt sich zuerst die Frage, welche Wasserherkunft setzt du für deine Pflanzenschutzmaßnahmen ein. Leitungswasser, Brunnenwasser, Oberflächenwasser oder vielleicht Regenwasser?! Apropos Oberflächenwasser. Wusstest du, dass gegen die „gute fachliche Praxis“ verstößt, wenn Oberflächenwasser für deine Spritzungen verwendest?

Beim Leitungswasser findest du den pH-Wert meist schnell heraus, denn der regionale Wasserversorger muss dir die Daten bereitstellen. Manche Wasserwerk-Homepages sind sehr gut aufbereitet. Du wirst erstaunt sein, was du dort noch so über dein Wasser herausfinden kannst.

Bei Brunnen-, Oberflächen- oder Regenwasser musst du die Analyse selbst in die Hand nehmen.

So ermittelst du den pH-Wert deines Spritzwassers:

  1. Teststreifen: Teststreifen kannst du in jeder Apotheke oder im Internet kaufen. Wenn du so einen Streifen mit verschieden farbigen Feldern schon mal in der Hand hattest, weißt du wie ungenau das sein kann. Feine Abstufungen im pH-Wert kannst du mit diesen Streifen kaum ermitteln.
  2. Digitaler pH-Meter: Möchtest du einen verlässlichen Wert haben, dann lohnt sich die Anschaffung eines digitalen pH-Meters. Es gibt auch schon gute Geräte ab 10 Euro aufwärts.
  3. Laboranalyse: Du kannst natürlich auch eine Wasserprobe an ein Labor z.B. zur Lufa schicken. Die testen dort nicht nur den pH-Wert, sondern bestimmen zudem auch andere Parameter wie die Wasserhärte oder Mineralstoffgehalte.

Du kennst jetzt den pH-Wert deines Spritzwassers. Und nun? Nicht für alle Pflanzenschutzmaßnahmen musst du dein Wasser ansäuern. So mögen es z.B. Sulfonylharnstoffe gar nicht, wenn sie mit saurem Wasser in Verbindung kommen. Kupferfungizide können mit zu saurem Wasser ausgebracht Phytotox auf deinen Pflanzen hervorrufen. Viele Fungizide wie z.B. auch Kaliumhydrogencarbonat sind von sich aus basisch, was die Pilze in Angst und Schrecken versetzt. Die mögen es nämlich gar nicht, wenn sich der pH-Wert ins basische verschiebt. Also auch hier ist ansäuern eher kontraproduktiv.

Deshalb informieren dich über die Wirkstoffe, die du ausbringen willst. Z.B. hat die Universität Hertfordshire hat in der Pesticide Properties Database eine umfangreiche Sammlung über alle Eigenschaften von Pflanzenschutzmitteln zusammengestellt. U.a. findest du dort die Info, wie pH-Wert empfindlich ein Wirkstoff ist (unter Aqueous hydrolysis).

Aber auch auf dem Produktetikett oder im Sicherheitsdatenblatt wirst du fündig. Der Wirkstoff ist pH-Wert sensibel? Dann musst du ansäuern.

Wie kannst du den pH-Wert in den richtigen Bereich bringen?

Um den pH-Wert deines Spritzwassers in den Bereich von 4–6 zu bringen, musst du ihn absenken, also ansäuern. Hierzu eignen sind hervorragend Propionsäure, Zitronensäure als auch spezielle Wasserkonditionierer. Sowohl Säuren als auch die Konditionierer haben nicht nur die Eigenschaft anzusäuern, sondern auch die Härtebildner (Calcium, Magnesium, Eisen etc.) im Wasser zu binden. Du schlägst also quasi 2 Fliegen mit einer Klappe! Bitte achte darauf, diese Mittel immer zuerst in den Spritztank zu geben bevor irgendwelche anderen Wirkstoffe hinzukommen. Denn sonst können sie nicht ihre Arbeit tun.

In der Regel benötigst du auf 200 Liter Wasser/ha ca. 50 – 75 g Säure, um den pH-Wert von leicht über 7 in den Bereich von 4 – 6 zu senken. Aber dies kann von Wasser zu Wasser stark schwanken, denn umso härter das Wasser und umso höher der pH-Wert, desto schwerer ist die Absenkung! Man sollte im kleinen Maßstab, z.B. 10 Liter Eimer, sich an die pH-Absenkung rantasten und so die Menge an benötigter Säure für sein Wasser festlegen. Miss immer wieder nach, bis du den richtigen pH-Wert erreicht hast.

Praxistipp:
Sei besonders vorsichtig, wenn du Bor zusammen mit anderen Wirkstoffen ausbringen möchtest. Bordünger enthalten Borethanolamin, das hoch basisch ist und den pH-Wert jeder Spritzbrühe stark ansteigen lässt.

Beispiel:

  • Ausgangs–pH 7,5: nach der Zugabe von 1 l/ha Bor flüssig auf 200 l Wasser steigt der pH–Wert auf 9,0 – 9,5!
  • Um den pH–Wert nach der Zugabe von Bor wieder abzusenken, werden sehr hohe Mengen an Säure (Propionsäure, Zitronensäure) benötigt.
Folgende Mengen müssen eingesetzt werden:

  • 300 g Propion- bzw. Zitronensäure, um den Ausgangs-pH-Wert wieder zu erreichen!

In dieser Reihenfolge solltest du vorgehen:

  1. Zuallererst das Wasser konditionieren, d.h. den pH–Wert absenken
  2. Danach die anderen Pflanzenschutzmittel (Fungizide, etc.) einfüllen
  3. Als letzte Komponente Bor zugeben!

Wasser gut, alles gut

Gerade in Zeiten von Wirkstoffresistenzen solltest du sicherstellen, dass du an jeder Stellschraube gedreht hast, um erst gar keine unbesiegbaren Monsterpilze, Käfermutanten oder wuchernde Beikräuter-Lianen ans Licht der Welt zu bringen. Wasserkonditionierung erhöht die Wirkung und die Stabilität vieler Wirkstoffe enorm! Auch wenn du dafür extra Geld in die Hand nehmen musst, überwiegt der Nutzen bei Weitem. Allein eine Überfahrt weniger spart dir Zeit, Produkt- und Dieselkosten, von der Maschinen- und Düsenabnutzung mal ganz abgesehen. Ein Versuch lohnt sich.