Was ist wirklich wichtig, damit der Pflanzenschutz gelingt? Das Wetter kannst du nicht beeinflussen, dafür aber die Pflanzen das ganze Jahr über schützen. Dafür musst du als Landwirt an vieles denken. Und einen Überblick über all deine Kulturpflanzen behalten.
Welche anbautechnische Maßnahme vor der Saat? Kann ich das Pflanzenschutzmittel gegen den Käfer einsetzen? Puhhh. Eine ganz schöne Arbeit. Das ist nicht nur für ein Universalgenie („Hey, ich soll jetzt auch noch Artenschützer sein und alle gesetzlichen Auflagen kennen.“) eine Mammutaufgabe, sondern ein ganzes Mammutherdenprojekt.Schauen wir mal, ob dieser Artikel nicht helfen kann, bei dem ganzen Was – Wann – Wo und Wie auf der langen Reise unserer Getreidearten bis hin zur Ernte. Und hoffentlich höchsten Erträgen bei bester Qualität.
Als erste Maßnahme im Pflanzenschutz solltest du dein Saatgut vor der Aussaat mit Fungiziden beizen. Denn die kleinen empfindlichen Getreidepflanzen müssen gegen Auflaufkrankheiten wie z.B. durch Brandpilze oder Fusarien geschützt werden. Welche Beizverfahren es gibt, liest du hier.
Je nach Region und Witterung wird dann von September bis November gesät. Hier ist der Zeitpunkt sehr wichtig, da bei zu früher Saat das Krankheitsrisiko enorm steigen, aber bei einer zu späten Saat die Zeit für die Bestockung der Pflanzen sehr eng werden kann. Eine Gratwanderung also. Hier die Balance zu finden helfen unter anderem die richtige Sortenwahl und die Saatstärke. Ganz getreu dem abgewandelten Motto, man erntet was und wie man sät…
Wenn der Samen dann gekeimt ist, führst du im Herbst zuerst die Vor- bzw. frühe Nachauflaufbehandlung mit vorwiegend bodenwirksamen Herbiziden durch. Bevorzugt natürlich mit breitem Wirkungsspektrum gegen zweikeimblättrige Unkräuter (Dikotyle) sowie die Leitungräser Ackerfuchsschwanz und Windhalm.
Alle Fliegen mit einer Klatsche! Aber – und das ist auch allen bekannt: Ein Herbizid kann nicht alles. Du solltest schon wissen, welches Schadgras du bekämpfen möchtest, um das richtige Mittel und den richtigen Anwendungszeitpunkt (In welchem Entwicklungsstadium befinden sich die Unkräuter?) herauszupicken.
Und dann noch der berühmt-berüchtigte Unterschied zwischen Nord und Süd. In Süddeutschland schüttelt man über Behandlungen im Herbst nur den Kopf. Das machen eigentlich nur die Nordlichter so.
Die wollen im Herbst, vor allem bei früh gesätem Wintergetreide, hauptsächlich den Ackerfuchsschwanz zu fassen bekommen. Der ist besonders gut während der Keimung bis zum 1-Blatt Stadium zu bekämpfen. Und den Windhalm. Bevorzugt im frühen Nachauflauf. Auch Problemunkräutern wie Ausfallraps und Kornblume und den Herbstkeimern Kamille und Vogelmiere lässt sich am effektivsten im frühen Nachauflauf der Gar ausmachen.
Generell solltest du nie vergessen auf die Witterung zu achten – machst du ja bei der Planung deines Sommerausflugs genauso. Bei Trockenheit laufen die Schadgräser nur verzögert auf und schmälern so den Bekämpfungserfolg mit einem Bodenherbizid. Hier wäre ein Einsatz also äußerst unsinnig.
Im Gegensatz dazu können weit entwickelte Unkräuter bereits im Herbst gegenüber deinem Getreide ganz schön stark konkurrieren und sind dann im Frühjahr schwieriger und unter höherem Mittelaufwand zu beseitigen.
Wenn also im Herbst schon mehrere und größere Unkräuter auf dem Acker ihr Unwesen treiben, kannst du ein Breitbandherbizid oder ein vorwiegend gräserwirksames Präparat (Flufenacet dominiert den Markt) einsetzen. Oder auf Ackerfuchsschwanzstandorten eine Kombination. Da musst du schon alles geben.
Nicht zu unterschätzen ist auch schon im Herbst die Bekämpfung von Schnecken mit Molluskiziden auch Schneckenköder genannt. Denn wer möchte seinem Getreide schon dem aussetzen, was kreucht und fleucht? Vor allem Nacktschnecken stellen im Getreideanbau ein immenses Problem dar und können wirtschaftlich relevante Schäden verursachen. Wie du das Risiko eines Schneckenangriffs einschätzen kannst, erfährst du hier.
Speziell Feuchtigkeit, Schatten, Hohlräume (Wer mag es nicht warm und kuschelig?) und permanenter Bewuchs (Immer was zu fressen da!) fördern die Entwicklung von Schnecken. Die Getreidepflanzen sind bis zum Beginn der Bestockung sehr empfindlich gegenüber Fraß und besonders nach Anbau von Raps ist die Befallsgefahr hoch. Welche Schutzmaßnahmen du gegen die schleimigen Biester ergreifen kannst, erfährst du hier.
Deshalb ist es wichtig, den Streutermin rechtzeitig zu wählen und den Bestand regelmäßig auf die kleinen und großen Fraßlöcher zu beobachten. Auch hier beginnt der Pflanzenschutz schon bei den ackerbaulichen Maßnahmen, wie einer regelmäßige Bodenbearbeitung zur Unterbrechung der sogenannten grünen Brücke und der Rückverfestigung zur Vermeidung von Hohlräumen.
Die Schnecken überwintern dann in tiefen Bodenschichten und kommen nach Abklingen der Kälte zurück an die Oberfläche. Hier richten sie auch im Frühjahr bei schlecht entwickelten Getreidebeständen relevante Fraßschäden an.
Das ist wie ein Immunsystem, was nach dem langen kalten Winter noch nicht so gut funktioniert. Deshalb müssen wir helfen. Zur Bekämpfung der glitschigen Ungeheuer zugelassen sind die Wirkstoffe Metaldehyd und Eisen-III-phosphat (Das ist BIO!), an denen die Schnecken durch Ausschleimen beziehungsweise Fraßhemmung qualvoll verrecken. Ein Glück, dass es noch keine Schnecken-Lobby gibt…
Käme eine allein wäre das ja auch zu schön! Aber weil es gerade nicht so ist, kommt im Herbst der Bekämpfung von Blattläusen als Virusvektoren die übergeordnete Rolle zu.
Hier sind das Gelbverzwergungsvirus mit der größten Bedeutung sowie seit einigen Jahren das Weizenverzwergungsvirus zu nennen. Betroffen sind insbesondere früh gesäte Bestände und ein vorangegangener warmer Spätsommer.
Da können sich wunderbar hohe Blattlaus-Populationen entwickeln, die dann das Ausfallgetreide oder Mais als grüne Passier-Brücke hin zu ihrem Saug-Paradies namens Getreidebestand nehmen.
Um das Befallsrisiko zu senken musst du die Pflanzen also rechtzeitig auf die Schädlinge kontrollieren und dann – wenn nötig – mit einem Insektizid behandeln.
Die in den jungen Getreidebeständen einfliegende geflügelte Läuse nehmen zu allem Überdruss das Virus erneut von infizierten Pflanzen auf und verbreiten es weiter. Ein ständiger Teufelskreis also. Es sind dann die typischen Virusnester mit verzwergten Pflanzen zu erkennen.
Gegen die Blattläuse kommen im Herbst nur Insektizide aus der Gruppe der Pyrethroide zum Einsatz. Du hast also nicht gerade die Qual der Wahl. Die einzige Möglichkeit Resistenzen zu vermeiden, ist es also, die Bekämpfungsschwellen strikt zu beachten, um unnötige Anwendungen mit dem insektiziden Kronjuwel zu vermeiden.
Dies wird dann im Fall der Fälle ab Befallsbeginn bzw. nach Erreichen von Schwellenwerten, üblicherweise ab dem 2-3-Blatt-Stadium, ausgebracht. Das Weizenverzwergungsvirus wird dagegen von Zikaden verbreitet. Diese Dinger kriegst du leider mit keinem Insektizid richtig zu fassen.
Die Herbstbehandlungen sind dann bis BBCH 13/14 abgeschlossen, bevor das Getreide in die Überwinterung geht. Und du als Landwirt in die wohlverdiente Pause. Sollte man jedenfalls meinen…
Wenn sich das Getreide nach dem Winter vom Frost erholt hat und im Frühjahr eine Nachbehandlung (oder im Süden eben die erste) mit einem Herbizid gegen die Ungräser nötig ist, sollte diese möglichst früh erfolgen. Ganz getreu dem Motto: Der frühe Landwirt fängt das Kraut.
Im Frühjahr dominieren Wirkstoffe aus dem Bereich der ALS-Hemmer (Hier nimmt man einen Sulfonylharnstoff) sowie für die reine Gräserbekämpfung auch aus der Gruppe der ACCase-Hemmer („Clodinafop oder Pinoxaden“ heißt die Zauberformel).
Vorab ist es wichtig, den jeweiligen Herbizidresistenzstatus der Fläche zu bestimmen. Wenn Minderwirkungen mit Sulfonylen bekannt sind, sollte ein Wirkstoff aus der anderen Gruppe zum Einsatz kommen. Oder halt umgekehrt. Ganz logisch also.
Auf Flächen mit Ackerfuchsschwanz hat dessen Bekämpfung oberste Priorität. Vor allem bei Spätsaaten ist meistens eine Frühjahrs-Bekämpfung notwendig. Oder auch wenn die Bodenherbizide im Herbst wegen ungünstigen trockenen Witterungsbedingungen nur unzureichend gewirkt haben.
Für die Zweikeimblätter, die im Frühjahr häufig eine Rolle spielen, wie z.B. Klettenlabkraut, Kornblume, Ehrenpreis, Kerbel und Distel, steht generell eine große Herbizidauswahl zur Verfügung. Besonders hier ist es schwierig, einen Überblick zu bewahren.
Nicht nur, dass die Auswahl riesig ist – jedes Produkt hat dann ja auch noch seine speziellen Auflagen, was Abstände zu Gewässern, Saumkulturen und Hangauflagen betrifft. Und seine spezifische Zulassungssituation.
Über die du als Landwirt natürlich auch Bescheid wissen musst. Dann das richtige Timing, was den Zeitpunkt betrifft. Die richtigen Anwenderschutzmaßnahmen. Mischbarkeiten. Im Nachhinein Lagerung. Entsorgung. Na, ein Ende in Sicht?
Hier vielleicht nicht. Aber was die Herbizidbehandlung angeht, solltest du diese in der Regel spätestens bis Ende der Bestockung abgeschlossen haben, da sonst die Gefahr von Schäden an der Kultur besteht.
Gegen Getreideschädlinge im Frühjahr und Sommer sind nur gegen Blattläuse und das Getreidehähnchen andere Insektizide als die Pyrethroide verfügbar. Nur wenn man diese Experten also antrifft, kannst du den Wirkstoff wechseln und nicht nur wie sonst versuchen, auf unnötige Anwendungen zu verzichten.
Gegen alle anderen Schädlinge, also beißende und saugende Insekten und Fliegen, sind auch hier nur die Pyrethroide zugelassen. Also schön mit Hunter & Co. auf Jagd gehen. Und sonst gilt weiterhin: Immer brav auf die Schadschwellen achten! Das kennen wir ja schon aus dem Herbst.
Beim ersten Fungizideinsatz sonnt sich das Getreide dann häufig in der Schossphase. Mit strahlungsintensiverer Witterung und immer wärmer werdenden Temperaturen sollte nicht im Fokus die Badehose herausgeholt, sondern die Bestände auf Mehltau und Gelbrost kontrolliert werden.
Für einen Fungizideinsatz ist natürlich zu wissen, dass Getreide nicht gleich Getreide ist. Der Landwirt muss für jede Kultur die unterschiedlichen Krankheiten kennen, die es dann speziell zu bekämpfen gilt.
Und das ist ein ganz schöner Pulk: Wichtige Schaderreger in der Gerste sind die Netzfleckenkrankheit, Rhynchosporium-Blattflecken sowie bei warm-feuchter Witterung der Zwergrost.
In Gebieten mit intensivem Anbau von Wintergerste tritt Ramularia vermehrt auf. Eine Behandlung zwischen Fahnenblatt-Stadium und Beginn des Ährenschiebens ist in Süddeutschland zumeist ausreichend. Im Norden wird dagegen im Normalfall eine zweimalige Fungizidbehandlung durchgeführt.
Hier tickt die Uhr anders. Das hängt natürlich auch immer von Wetter und Sorte ab. Im Stadium 31-37 richtet sich die Behandlung primär gegen Rhynchosporium, Zwergrost und Mehltau; hier wird ein Azol-Fungizid mit angepasster Aufwandmenge gewählt; bei guten Bedingungen für den Mehltau erfolgt die Zumischung eines Spezialfungizids.
In BBCH 39-49 – vorwiegend gegen Netzflecken, Zwergrost und Ramularia – erfolgt die Absicherung der Dauerwirkung und eine Resistenzvorbeugung durch Kombinationen mehrere Wirkstoffgruppen. Die Abschlussbehandlung dann in Form einer Mischung aus Chlorthalonil, einem Strobilurin, einem SDHI-Hemmer sowie einem Triazol.
Im Weizen- und Triticale-Anbau sind die Krankheiten mit der größten Bedeutung Mehltau, Gelbrost, Braunrost, Septoria tritici Blattdürre und Ährenfusariosen in Mais-Fruchtfolgen. Wenn in südlichen Regionen auf Standorten ohne Fusariumrisiko keine Behandlung mit einem Azol-Fungizid in der Blüte notwendig ist, reicht hier eine einmalige Fungizidbehandlung zwischen Fahnenblatt-Stadium und Ende des Ährenschiebens zumeist aus.
Aber Vorsicht ist besser als Nachsicht: Frühen Mehltaubefall in der Schossphase und auch frühen Gelbrostbefall solltest du generell nicht übersehen. 5 Tipps wie du Mehltau im Getreide vermeidest, liest du hier. Im Norden kann bei sehr hohem Krankheitsdruck und Mehltau-anfälligen Sorten sogar eine Dreifachbehandlung nötig sein.
Wer rastet, der rostet: Der Hauptschaderreger in Winterroggen ist der Braunrost, der vor allem in wärmeren Gebieten schon früh in der Schossphase auftreten kann.
Je nach Krankheitsdruck sollte eine Einmalbehandlung zwischen Fahnenblatt-Stadium und Mitte des Ährenschiebens mit Carboxamid-haltigen- oder Azol-Strobilurin-Fungiziden erfolgen bzw. eine Doppelbehandlung mit reduzierten Aufwandmengen bei stärkerer Befallssituation.
Generell gilt – egal um welche Getreideart es sich handelt: Es lohnt sich, die Anfälligkeit der Sorte zu kennen und regelmäßig im Feld den Bestand zu kontrollieren. Der Fungizideinsatz sollte nach Fruchtfolge, Sortenwahl, Saattermin und Bodenbearbeitung erst als letzte Maßnahme zur Bekämpfung pilzlicher Erreger „fungieren“.
Ende Juni bis Anfang August erntest du das Getreide dann im Zustand der Voll- oder Totreife. Und steht im September noch das Korn, ist es wohl vergessen worn.
Du als Landwirt musst ackern. Du musst Felder bestellen, Pflanzenschutz und Bodenbearbeitung durchführen. Fruchtfolge, Sortenwahl, Anwendungszeitpunkte beachten. Gesetzliche Regelungen kennen und befolgen, Umwelt- und Artenschützer sein, ein ungemeines Fachwissen aufweisen und „ganz nebenbei“ noch eine gute qualitativ hochwertige Ernte einfahren, um uns „ganz nebenbei“ zu ernähren. Wie oben erwähnt. Ein Mammutherdenprojekt.