Zuerst sah ich es an den Blättern. Ihr saftiges Grün war durchzogen von vielen kleinen hellen bis bronzefarbenen Sprenkeln. Ich dachte mir zunächst nichts dabei. Aber nur eine Woche später waren die Blätter gelb und begannen langsam abzufallen! Als ich nun genauer hinsah erblickte ich sie: roten Spinnen! Auf der Unterseite der Blätter wuselte es geradezu von gelblich grünen bis roten Mini-Spinnen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Oh nein! Was ist das?
Rote Mini-Spinnen und runde rote Eier in deiner Obstanlage? Die Obstbaumspinnmilbe lässt grüßen!
Vor Schreck google ich nach roten Spinnen. Ihhhh, nein, die ist es nicht. Oh, diese hier legt rote Eier. Ich schau mal schnell an meinen Bäumen nach. Bingo! Ich hab sie gefunden, das Schadinsekt! Es ist die Obstbaumspinnmilbe!
Die Obstbaumspinnmilbe (lat. panonychus ulmi) gilt als schädlichste Spinnmilbenart im Obstbau. Bis zu 8 (!) Generationen können innerhalb eines Jahres deine Obstanlage heimsuchen. Dabei kann ein Befall dich als Kern- und Steinobstanbauer genauso treffen wie diejenigen unter euch, die Beerenobst wie Johannisbeeren, Stachelbeeren oder Himbeeren anbauen.
Sie gehört zur Familie der Spinnmilben (Tetranychidae), zu der auch die Gemeine Spinnmilbe (Tetranychus uricae) gehört. Sie sind sich sehr ähnlich, jedoch ist die Gemeine Spinnmilbe eher gelblich und legt transparente Eier. Die Obstbaumspinnmilbe hat es dagegen nur auf holzige Pflanzen abgesehen. Doch wann tritt sie auf und wie kannst du sie erfolgreich bekämpfen?
Der Täter hat 4 Gesichter: Eier, Larve, Nymphe und Milbe
Mit der Obstbaumspinnmilbe in den verschiedensten Entwicklungsstadien musst du immer rechnen. Zu jeder Jahreszeit. Stapfst du bei Blattfall durch deine Obstanlage so denke dabei nicht nur an die Pilzsporen des Obstbaumkrebses. An den kahlen Ästen sind sie nämlich jetzt gut sichtbar: Die roten kugligen Eier der Obstbaumspinnmilbe.
Eier:
Wintereier: Sie findest du ab Mitte/Ende August bis Mitte Mai den nächsten Jahres. In Astgabel und Ritzen, auf Unterseiten von Zweigen und in der Nähe von Knospen leuchten sie dir schon dunkelrot entgegen. Die vielen kugelrunden, 0,2mm großen Eier mit einer Borste in der Mitte springen dir in dieser grauen Jahreszeit geradezu ins Auge.
Sommereier: Sie findest du nur von Ende Mai bis Anfang Juli in Gruppen an der Unterseite der Blätter. Diese hellroten Eier entwickeln sich bei sommerlichen Temperaturen besonders schnell. Bereits nach 3 bis 6 Tagen schlüpfen die Larven und freuen sich auf deine Pflanzen. Besonders in heißen und trockenen Sommern vermehren sich die Milben massenhaft!
Sommereier: Sie findest du nur von Ende Mai bis Anfang Juli in Gruppen an der Unterseite der Blätter. Diese hellroten Eier entwickeln sich bei sommerlichen Temperaturen besonders schnell. Bereits nach 3 bis 6 Tagen schlüpfen die Larven und freuen sich auf deine Pflanzen. Besonders in heißen und trockenen Sommern vermehren sich die Milben massenhaft!
Larve/Nymphe: Kurz vor dem Ende des Austriebes beginnt das wilde Schlüpfen. Neuste Forschungsergebnisse besagen, dass mindestens 125 Tage mit mindestens 5°C ab dem 1. Januar vergangen sein müssen, damit die Larve aus dem Ei schlüpft. Vielleicht müssen deine Kinder ja für die Schule täglich die Temperatur messen und fein säuberlich Tag für Tag mit einem Sonnen- oder Schneesymbol eintragen? Wir möchten dich auf keinen Fall zur Kinderarbeit anstiften, aber es wäre doch mal interessant herauszufinden, die Larven dann wirklich nach 125 Tagen schlüpfen. 😊 Die gelblich grünen bis hellroten Larven mit 6 Beinchen machen sich sofort auf den Weg zu den frisch ausgetriebenen Blättern. Dort fangen sie an zu saugen. Du erinnerst dich an die hellen Sprenkel, die ich an meinen Blättern bemerkt hatte? Hätte ich mal die Blätter umgedreht. Denn genau diese Schäden werden von den Larven verursacht, schön versteckt auf der Blattunterseite. Nebenbei häuten sich die Larven ständig, um dann als 8-beinige Nymphe weiter zu saugen. Sie besitzen stechborstenartige Mundwerkzeuge mit denen sie Pflanzensäfte aus den Blättern saugt. Die dabei injizierten Verdauungssekrete unterstützen sie bei ihrem Zerstörungswerk.
Die ausgewachsene Spinnmilbe: Nach 2-4 Wochen ist es soweit. Aus dem Ei ist eine fertige Spinnmilbe geworden. Die dunkelroten, ovalen Spinnenweibchen sind 0,4 mm groß, bewegen sich auf 8 Beinen fort und haben dünne Borsten auf ihrem Rücken. Du kannst sie nun gut mit der Lupe erkennen. Die Männchen sind etwas kleiner, gelbgrün bis hellrot und hinten etwas spitzer als das Weibchen. Fröhlich legen die befruchteten Weibchen bis zu 80 Sommereier, aus denen dann bei warmen Wetter wieder nach 3 bis 15 Tagen neue Larven schlüpfen. Die Vermehrungsrate der Obstbaumspinnmilbe ist beachtlich. Bei warmer Witterung können in einem Jahr sechs bis acht Generationen heranwachsen.
Hier für dich ein Überblick, wann die Eier, Larven, Nymphen und ausgewachsenen Obstbaumspinnmilben genau auftreten.
Warum ist die Obstbaumspinnmilbe für deine Obstanlagen so gefährlich?
"Ach die paar Blätter, die kann ich schon verkraften." denkst du? Leider bleibt es oft nicht dabei. Die Larven und Nymphen saugen durch winzige Löcher in der Blattunterseite den Lebenssaft der Pflanze heraus, schwächen die Pflanze und zerstören dadurch auch die Blätter. Innerhalb von 20 Tagen können 10 Spinnmilben pro Blatt das Chlorophyll des Blattes um 50 Prozent schädigen. Die Photosynthese sinkt dadurch auf nur noch 20 Prozent ab! Das ist enorm!
Zusätzlich verdunstet mehr Wasser durch die durchsiebte Epidermis, was die durch Trockenheit geschwächten Pflanzen und Bäume zusätzlich stresst. Der Baum/Strauch schränkt sein Wachstum ein und die Früchte reifen schlechter ab. Oft wirft er schon zeitig sein Laub ab. Die nackten Triebe sind so im Winter vorzeitigem Frost viel stärker ausgesetzt, so dass du im darauf folgenden Jahr auch mit weniger Blüten und damit mit weniger Ernte rechnen musst.
Wimmelt es bei dir nur so vor Larven und Spinnen? Bei starkem Befall (ab 4000 Eiern pro Meter Fruchtholz) musst du mit 20-40 Prozent Ertragsverluste durch kleinere Früchte rechnen. Du willst dir die Behandlung sparen? Erwischt dich die Obstbaumspinnmilbe gleich mehrere Jahre hintereinander, so kann es zum völligen Absterben deiner Sträucher oder Bäumen kommen.
Rote Kugeln am Fruchtholz, rote Spinnen unter'm Blatt? Gefahr erkannt - Gefahr (fast) gebannt!
Die kleinen roten Spinnenmilben und ihre Eier kennen keine Ruhepause. Das ganze Jahr über sind sie da. Zu Beginn verharren sie als Ei auf der Unterseite von Zweigen oder Astgabel und warten auf ihren Schlupf im Frühjahr. Dann saugen sie als grün gelbe Larven mit 6 Beinchen deinen Blättern den Lebenssaft aus, häuten sich mehrmals und werden zur saugenden Nymphe bis sie als ausgewachsene Spinnmilbe immer weiter saugen und wieder Eier legen. In diesem Artikel haben wir dir die 4 Gesichter der Obstbaumspinnmilbe vorgestellt und erklärt, warum sie so gefährlich ist.
Wie bei allen Schädlingen im Obstbau musst du nicht gleich scharfe Geschütze auffahren, wenn dir eine Obstbaumspinnmilbe über den Weg krabbelt. Es gibt – laut guter fachlicher Praxis - festgelegte Schadschwellen, die erst erreicht werden müssen, damit du in den Kampf ziehen kannst. Diese stellen wir dir im nächsten Artikel vor und erklären dir auch, wie du die Tierchen in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien optimal bekämpfst.
Quellen:
W. Karg. (1983) Untersuchungen zur Flächendispersion und Befallsentwicklung der Obstbaumspinnmilbe Panonychus ulmi Koch in Sortenblöcken von Apfelintensivanlagen als Grundlage für eine rationelle Überwachung. Zeitschrift für Angewandte Entomologie 96:1-5, pages 433-442.
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/03235408309430672
https://kob-bavendorf.de/kob/www.kob-bavendorf.de/Service/schaedlinge-und-krankheiten/schaedlinge/obstbaumspinnmilbe.html
https://www.lallf.de/fileadmin/media/PDF/ps/Broschueren/Obstbaubroschuere_2015_MV.pdf
https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-pflanzenbau/pflanzenschutz/schaderreger/schadorganismen-im-obst-und-weinbau/tierische-schaderreger/obstbaumspinnmilbe/
http://www.hortipendium.de/Obstbaumspinnmilbe
https://www.isip.de/isip/servlet/isip-de/infothek/obstbau/kernobst/tierische-schaderreger/obstbaumspinnmilbe