Veröffentlicht am Donnerstag, 4.2.2021
Rüssler im Anmarsch: Darum solltest du deine Gelbschale schon bei Temperaturen ab 5°C aufstellen
„Niemals hätte ich gedacht, dass es mal so weit kommt!“ Aufgebracht stampfe ich durch meinen Rapsschlag. „Da! Und da auch! Jetzt fliegen doch diese Mistviecher von Rüssler schon im Februar über meinen Raps und dabei hatten wir letzte Woche noch Schnee!“ denke ich verzweifelt. „Nun aber schnell die Gelbschalen aufstellen und abschätzen, ob ich spritzen muss. Denn die Viecher halten sich nicht lange mit dem Reifungsfraß auf. Sind die Eier erstmal abgelegt, habe ich verloren!“
Ja, der Klimawandel lässt grüßen. Wenn der Rhododendron im Dezember auf einmal anfängt zu blühen (bei mir nämlich), solltest du dir vielleicht schon mal etwas eher als sonst Gedanken über deinen Rapsschlag machen. Bereits ab 5 °C Bodentemperatur ist die magische Grenze erreicht und der Rüssler erwacht!Doch Rüssler ist nicht gleich Rüssler. Wie du diese fiesen Rapsschädlinge auseinanderhältst, ab welcher Rüsslerzahl du mit dem Kampf beginnen solltest uvm. erfährst du, wenn du weiterliest.
Der frühe Vogel fängt den Wurm – und die frühe Gelbschale den Rüssler
Sie hören auf den lat. Namen Ceutorhynchus spp., haben 6 Beine, einen dicken ovalen Käferkörper mit Borsten, ein trapezförmiges Halsschild, an dem ein kleiner Kopf mit Rüssel hängt. Vorn am Rüssel sitzen 2 Fühler, die am Ende kleine Kugeln haben. Jedes Mal, wenn ich die sehe, muss ich an die Keulen denken, mit denen wir früher immer im Sportunterricht gymnastische Übungen durchführen mussten.
Es gibt ihrer 4 an der Zahl, die du als Rapsanbauer kennen solltest. (Es gibt übrigens noch einen Fünften, den Zahnrüssler oder auch Blauer Mauszahnrüssler genannt. Dieser grünblau glänzende Rüssler spielt jedoch nur regional eine Rolle.) Doch keine Sorge, sie fallen nicht alle zur gleichen Zeit über deinen Raps her. Sie verteilen sich schön über Herbst, Winter und Frühjahr, so dass du auch immer etwas zu tun hast.
Der erste kommt bereits im Herbst, die anderen 3 treiben ihr Unwesen erst nach dem Winter. Den letzten der Dreierbande zieht es sogar erst im Frühjahr zu deinen Rapsschoten hin. Mit wem hast du es genau zu tun? Schauen wir uns die Rüssler-Bande einmal genauer an.
Steckbrief Rüssler Nr. 1: Großer Rapsstängelrüssler (lat. Ceutorhynchus napi)
Größe: 3,2–4 mm
Körperfarbe: schwarz-grau meliert, schwarze Beine und Schuhe
Nachwuchs: gelbliche, beinlose Larven, 5-7 mm lang, schwarzer Kopf verfärbt sich später gelbbraun
Schäden:
- Fraßschäden durch Käfer: Der Reifungsfraß (3-8 Tage) vor der Eiablage verursacht eher geringe Schäden.
- Schäden durch Eiablage: 10 Tage nach ihrer Ankunft in deinem Raps beginnen die Weibchen mit ihrer Eierablage. Und dann wird es gefährlich. Sie bohren dazu unterhalb der Blütenknospe ein Loch, in das sie jeweils ein Ei ablegen. Dabei mögen sie am liebsten junge kräftige Rapsstängel, die nicht größer als 20 cm sind. Wo genau Madam Rapsstängelrüssler ihre Eier abgelegt hat, erkennst du an einem Löchlein mit weißem Rand. Und genau dort beginnen sich dann die Rapsstängel komisch zu stauchen und zu krümmen wie ein S. Kommt dann nochmal Frost oder heftiger Regen nach einer langen trockenen Periode, platzen die Stängel sogar auf. Kein schöner Anblick für einen Rapsanbauer. Und zu guter letzt können auch noch Stängel- und Wurzelhalsfäule auftreten.
- Fraßschäden durch Larven: Aus den ca. 150 Eiern pro Weibchen bilden sich nach 1-2 Wochen Larven, die sich durch das Stängelinnere fressen. Wären die Schäden durch die Eiablage nicht schon schlimm genug, lässt nun das Fressgelage der Larven auch noch deine Haupttriebe verkümmern. Nachdem sie drei Larvenstadien durchlaufen haben, sind sie Anfang des Sommers reif zur Verpuppung. Dazu fressen sie sich aus den Blattachseln wieder raus (schon wieder Löcher!), lassen sich auf den Boden fallen und vergraben sich zur vollständigen Verpuppung dort. Ab Mitte Juli hast du auf deinem Rapsfeld dann eine neue Käfergeneration, die dort auch überwintert. Und der Raps ist futsch.
Aktivität: Zuflug startet ab 5 °C Bodentemperatur und 11 °C Lufttemperatur
Behandlungsbedürftig? Unbedingt! Handeln solltest du auf jeden Fall, wenn die Anzahl der Rüssler die Schadensschwelle überschritten haben. Der Große Rapsstängelrüssler hat das größte Schadpotenzial unter der Rüssler-Bande. Sparst du dir seine Bekämpfung, musst du durch die Schäden der Larven und der Eiablage mit ca. 10 bis 30 % Minderertrag rechnen.
Auf den Großen Rapsstängelrüssler triffst du im neuen Jahr als erstes in deiner Gelbschale. Hast du im Umkreis von 500 m zu deinem diesjährigen Rapsschlag letztes Jahr Raps angebaut? Dann gibt bei deiner Gelbschalen-Kontrolle besonders acht, denn dieser Bandit überwintert in den alten Rapsschlägen. Sei in diesem Fall besonders vorsichtig und stelle die Gelbschalen schon im Februar auf. Ein Tropfen Spiritus noch ins Spüliwasser, dann friert dir die Gelbschale auch nicht ein und bleibt fängig. (Wie du die Gelbschale richtig aufstellst, liest du hier)
Du hast nur ein sehr kurzes Bekämpfungsfenster, wenn der Große Rapsstängelrüssler einmal unterwegs ist. Rüsslersex und anschließender Reifungsfraß können schon nach sehr wenigen Tagen vorbei sein. Und sind die Eier einmal in den Rapstängel gelegt, kommst du nicht mehr ran.
Steckbrief Rüssler Nr. 2: Gefleckter Kohltriebrüssler (lat. Ceutorhynchus pallidactylus/quadridens)
Größe: 2,5–3,2 mm
Körperfarbe: braun-grau meliert, heller Fleck auf der Rückenmitte, rötliche Füße
Nachwuchs: 4-6 mm weiß gelbliche Larven, gelbbrauner Kopf, ohne Beinchen
Schäden:
- Fraßschäden durch Käfer: Vor dem Reifungsfraß (10-14 Tage) vor der Eiablage musst du keine Sorgen haben. Er verursacht eher geringe Schäden.
- Schäden durch Eiablage: Frau Kohltriebrüssler legt gleich mehrere Eier (2-6 Stück) an der gleichen Stelle ab. Dazu frisst sie kleine Höhlen in die Unterseite der Rapsblätter, die sie dann fachmännisch nach dem Befüllen mit ihren Eiern wieder mit einem Tröpfchen Sekret verschließt. Gerne wählt sie dabei die etwas dickere Mittelrippe, insbesondere die Stelle unten am Stiel. Da ist schließlich mehr Platz und Futter für ihre kleinen Larven, die sich bereits nach nur einigen Tagen entwickeln. Gern auch macht es sich Frau Kohltriebrüssler leicht und nutzt einfach die bereits vorhandenen Löcher und Risse ihres Kumpels dem Großen Rapsstängelrüssler. Die Rapsstängel sind übrigens bei einem Kohltriebrüsslerbefall nicht so gekrümmt wie bei einem Angriff vom Großen Rapsstängelrüssler. Der Raps wächst hier munter gerade weiter nach oben, weshalb du nicht auf den ersten Blick das Malheur erkennen kannst.
- Fraßschäden durch Larven: Die flinken Larven futtern sich aus ihrer Höhle an der Blattunterseite munter in die Mittelrippe rein und dann weiter in den Stängel. Sie fressen regelrechte Fraßgänge in den Stängel, den sie mit ihrem Kot braun einfärben. Frau Kohltriebrüssler kann zwischen 100 und 300 Eier ablegen, aus denen sich die kleinen Larven entwickeln. Das ist eine ziemliche Spanne, aber die Literatur ist sich nicht ganz einig über die genaue Anzahl.
Aktivität: Zuflug ein paar Tage später als der Große Rapsstängelrüssler, ab 6°C Bodentemperatur und 12°C Lufttemperatur
Behandlungsbedürftig? Ja, aber er verursacht nicht so ein großes Schadpotenzial wie der Große Rapsstängelrüssler. Jedoch musst du auch bei diesem Rüssler mit Ertragsverlusten rechnen. Zudem zieht dieser gefleckte Bandit andere Rapskrankheiten an wie Phoma lingam oder auch Botrytis cinerea. Deshalb studiere die Schadschwelle dieses Rüsslers ganz genau, damit du weißt, wann du handeln musst.
Unser gefleckter Rüssler überwintert nicht auf alten Rapsschlägen. Er macht es sich lieber in Hecken, im Laub oder an Waldrändern bequem. Ob Laub- oder Nadelwald ist ihm dabei wurscht. Ab 12°C und Sonne schwingt er sich in die Lüfte und macht sich auf in das nächste Rapsfeld. Bei Windgeschwindigkeiten über 3 Meter pro Sekunde (10,8 km/h) wirst du ihn jedoch nicht antreffen. Das ist ihm zu windig.
Besonderheit: Wird dieser Rüssler in der Gelbschale gefangen, so kann man den Fleck auf dem Rücken oft nicht mehr erkennen. Das ist natürlich ziemlich doof, wenn du die Rüssler unterscheiden willst. Lass deinen Rüsslerfang einfach kurz trocknen, dann wird der Fleck wieder sichtbar.
Steckbrief Rüssler Nr. 3: Kohlschotenrüssler (lat. Ceutorhynchus assimilis)
Größe: 2,5-3 mm
Körperfarbe: grauer Körper mit einfarbigen Beinen und schwarzen Schuhen, zarte Mittellinie am Halsschild
Nachwuchs: Eier glänzen weißlich und sind von einer schleimigen Schicht ummantelt, die Larven sind 4-5 mm lang, weiß gelblich und leben in der Rapsschote, ohne Beine mit braunem Kopf
Schäden:
- Fraßschäden durch die Larven: Nach dem mehrwöchigen Reifefraß an Knospen und Blüten legt Frau Kohlschotenrüssler ihre ca. 60 Eier in den jungen Rapsschoten ab. Ganz säuberlich wird ein Ei pro Schote abgelegt und sogar mit einem Sekret markiert, damit auch ja nicht eine andere Kohlschotenrüsslerdame auf die Idee kommt, in die Schote noch ein Ei abzulegen. Nach ungefähr 8 Tagen schlüpfen die Kleinen und fressen sich gierig 35 bis 40 Tage lang durch die Schote. Dabei vertilgen sie 3 bis 6 Samen. Der Schote tut das nicht gut. Sie kriegt helle Flecken und reift vorzeitig ab. Sind die Larven groß genug, bohren sie sich auf der Schote raus, lassen sich zu Boden fallen und verpuppen sich im Boden.
- Schäden durch gleichzeitiges Auftreten mit der Kohlschotenmücke: Zur gleichen Zeit wie der Kohlschotenrüssler fliegt auch eine kleine Mücke durch deine Rapsfelder. Sie macht es sich ganz einfach und legt ihre Eier in die Einstichlöcher der Kohlschotenrüssler ab. Die Mückenlarven fressen dann zusammen mit den Larven des Rüsslerkollegen oder später alleine die übrig gebliebenen Samen auf und zusätzlich noch die Innenseite der Schoten, so dass sie aufplatzen. Von deiner Ernte bleibt dann nicht mehr viel übrig. Deshalb musst du besonders achtsam sein, sollte sich diese kleine Mücke auch in deine Gelbschale verirren.
Aktivität: ab 12 °C Boden- und 15 °C Lufttemperatur, ab 20 °C am aktivsten
Behandlungsbedürftig? Ja, insbesondere bei gleichzeitigem Auftreten der Kohlschotenmücke. Der Kohlschotenrüssler hat es, wie sein Name schon sagt, auf deine Rapsschoten abgesehen. Er ist der letzte Rüssler, der dir im Frühjahr begegnet. Ihn musst du direkt aus der Blüte bzw. den Knospen klopfen, um den Befall ermitteln zu können. Lies dazu auch unseren Blogartikel zu den Schadschwellen.
Steckbrief Rüssler Nr. 4: Schwarzer Kohltriebrüssler (lat. Ceutorhynchus picitarsis)
Größe: 2-3,5 mm
Körperfarbe: schwarz glänzend, Unterseite mit hellen Schuppen, rote Borstenbüschel auf dem Halsschild, die schwarzen Beine haben rote Schuhe an
Nachwuchs: 5 mm weiße Larve ohne Beine, Kopf wechselt von gelblich zu braun
Schäden:
- Fraßschäden durch Käfer: Der Reifungsfraß dieser schwarzen Rüsslerkäfer beginnt im September. Große Schäden richtet er aber kaum an.
- Schäden durch Eiablage: Das Weibchen legt 4 Wochen später, ab Mitte Oktober, ihre Eier ab. Und nun wird es haarig. Die Schwarze Kohltriebrüsslerdame ist ein Kühlbrüter pflanzt ihre 3 bis 12 Eier am liebsten ganz unten in der Blattstielbasis (siehe Bild oben) ein. Haben wir einen warmen Winter musst du sogar mit einer Eiablage bis in den März hinein rechnen. Ist es frostig, hört sie mit der Eiablage auf und wird es wärmer legt sie munter wieder los. Die Eiablage unseres schwarzen Gesellen an sich verursacht hier, im Gegensatz zu seinen anderen Rüsslerkollegen im Frühjahr, nicht so große Schäden.
- Fraßschäden durch Larven: Das Fressgelage der kleinen Larven kann sogar das Auswintern deines Bestandes zur Folge haben. Sie fressen sich zielsicher Richtung Herz und zerstören den Vegetationskegel. Dadurch bildet dein Raps dann nur noch Seitentriebe, den sogenannten Büschelwuchs. Die Seitentriebe blühen erst recht spät und reifen ungleichmäßig ab.
Aktivität: ab September bei über 12 °C bis in den März hinein, gern zusammen mit dem Rapserdfloh (siehe Schadschwellen)
Behandlungsbedürftig? Ja, zusammen mit dem Rapserdfloh
Hast du Angst vor dem Schwarzen Kohltriebrüssler, so baue einfach neben dein Rapsfeld noch ein kleines Feld oder Streifen mit Rübsen an. Die mögen die Rüssler nämlich lieber als Raps.
Die Rüsslerbande – 4 Rapsschädlinge auf einen Streich
Diese Rüsselkäfer haben es in sich. Entdeckst du sie in deinem Rapsbestand, ob im Herbst oder Frühjahr, musst du handeln. Doch dazu musst du erst einmal deine Gelbschalen rechtzeitig an deinem Feld platzieren. Denn ohne Arme keine Kekse, also ohne Gelbschale keine Ahnung welches Tierchen sich so in deinem Bestand tummelt. Denn neben dem Rüssler treiben noch viele weitere Insekten im Raps ihr Unwesen: Rapsglanzkäfer, Erdflöhe, Kohlschotenmücken, Kohlrübenblattwespe und und und.
In diesem Artikel hast du den Großen Rapsstängelrüssler kennen gelernt, der gern zeitgleich mit seinem Kumpel, dem Gefleckten Kohltriebrüssler, in deinen Raps fliegt. Im Herbst begegnest du eher dem Schwarzen Kohltriebrüssler, wenn du genau den Zeitpunkt seinen Zuflugs erwischst. Vor der Blüte kommt dann der letzte Rüssler in deinen Raps, der Kohlschotenrüssler. Er hat es nicht auf die Rapspflanze an sich abgesehen, sondern konzentriert sich auf dein Erntegut - die Schoten.
Wir haben dir nicht nur die 4 ausgewachsenen Rüssler vorgestellt, sondern auch ihren Nachwuchs, die Larven. Denn sie verursachen die größten Schäden. Jedoch ist es für dich mit einer Bekämpfung schon zu spät, wenn du die Larven findest. Denn Insektizide wirken nur gegen die Käfer, in die Pflanze kommen sie nicht rein. Da kannst du dann nur noch auf räuberische Laufkäfer, Spinnen und Schlupfwespen setzen.
Hast du deine Gelbschalen rechtzeitig aufgestellt und auch fleißig Insekten gefangen, musst du die Schadschwelle bestimmen. Wir haben dir eine Tabelle aller Rüsslerschadschwellen im nächsten Blogartikel zusammengestellt.
Nun wünschen wir dir viel Erfolg bei der Rüsslerbekämpfung.
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