Bald ist es wieder soweit! Die Aussaat steht an und du studierst bestimmt schon fleißig die Sortenempfehlungen. Bist du fündig geworden? Dann Gratulation! Aber hast du dich schon mit dem zweit wichtigsten beschäftigt, was man neben der Sortenwahl beachten sollte? Ohne das auch die beste Getreidesorte schlecht aussieht? Die richtige Beize!
Denn ohne Beizmittel passiert folgendes:Deshalb lohnt es sich, mal einen genauen Blick auf das Thema Beizung zu werfen.
Kaufst du Z-Saatgut oder gehörst du zu den fast 50 Prozent deiner Berufskollegen, die Nachbaugetreide in die Erde bringen? Natürlich selbst gebeizt oder auch professionell aufbereitet. Aber wusstest du, dass es neben den chemischen Beizen auch andere, nämlich Beizen mit biologischen Wirkstoffen oder sogar physikalische Beizverfahren gibt? Dann gebe ich dir mal einen Überblick:
Als chemische Beizmittel stehen dir hauptsächlich Fungizide (systemisch und lokal-systemische) zur Verfügung. Insektizide Beizen sind für dich leider seit Ende 2018 Tabu. Läuse oder Zikaden, die das Gelbverzwergungsvirus (BYDV) oder auch das Weizenverzwergungsvirus (WDV) übertragen, musst du nun auf herkömmlicher Weise mit Insektizidspritzungen bekämpfen. Auch Krähenfaß oder Brachfliegen kannst du durch Beizung nicht mehr abwehren, da diese Beizmittel ebenfalls verboten sind. Vor allem der beizmittelhaltige Staub hat den insektiziden Beizen den Kopf gekostet. Was man unternimmt, um den beizmittelhaltigen Staub zu minimieren und die Beizqualität zu verbessern, liest du bald in einem anderen Artikel.
Bei biologischen Beizen solltest du hellhörig werden, wenn du der konventionellen Landwirtschaft den Rücken gekehrt hast und nur noch rein biologisch dein Getreide anbaust. Diese Beizen enthalten Gelbsenfmehl oder Bakterienstämme, die sich auf der Saatgutoberfläche vermehren. Sie machen sich dort breit und vertreiben so die Krankheitserreger, die ebenfalls dort rumlungern. Zudem setzen sie Substanzen frei, um ihre Gegner endgültig den Garaus zu machen. Leider wirken sie nur befallsmindernd. Aber lass den Kopf nicht hängen. Scrolle einfach weiter runter zu den alternativen Beizverfahren und dann sieht deine Stimmung vielleicht ganz anders aus.
Die Beizung mit Spurennährstoffen wie z.B. Mangan oder Zink möchte ich dir natürlich nicht vorenthalten. Sie versprechen höhere Erträge, die statistisch nicht immer abgesichert sind. Hier gilt „Probieren geht über Studieren“. Der eine schwört darauf und kann Ertragseffekte auch in Zahlen benennen, für den anderen ist es nur Geldverschwendung. Am besten bildest du dir deine eigene Meinung.
Zu guter Letzt gibt es noch die physikalischen Verfahren. Hier könntest du der Versuchung erlegen, an Sauna und Wellness zu denken statt an Saatgutbeizung. Denn bei dem physikalischen Beizverfahren kommt heißes Wasser, heiße Luft oder heißer Dampf zum Einsatz. Diese Saatgutbehandlungen sind nur in speziellen Behandlungsanlagen möglich. Zudem musst du noch zusätzlich Geld in die Hand nehmen, um das Getreide danach wieder trocken zu bekommen. Außerdem kann es zu Schäden am Saatgut kommen, wenn die Anwendungsbedingungen nicht exakt eingehalten werden. Bedenke z.B., dass Wärme die Keimfähigkeit des Saatgutes herabsetzen kann.
Und dann gibt es noch ein anderes, alternatives physikalisches Beizverfahren, das ich natürlich nicht unter den Tisch fallen lassen möchte: Die Elektronenbehandlung.
Sagt dir der Name elektronische Beize etwas? Oder Elektronenbehandlung? Sie gewinnt als alternatives Beizverfahren immer mehr an Bedeutung. Im Gegensatz zur chemischen Beizung kommt sie ohne Wirkstoffe aus und verursacht so auch keine Resistenzen. Wie soll das gehen, fragst du dich? Wird das Saatgut unter Strom gesetzt?
Nicht ganz. Es wird mit energiereichen Elektronen beschossen! Diese zerstören die Molekülketten der Pathogene wie Pilzsporen, Bakterien oder Viren und töten sie dadurch. Die Elektronen erwischen jedoch nur die Pathogene, die außen dran kleben oder die gerade unter der Samenschale hängen. Sitzt der Pilz etc. tiefer im Korn – im Mehlkörper oder im Keimling – sieht es schlecht aus mit der Wirkung.
Denn hier kommen die Elektronen nicht ran und würden den Embryo deines Saatkorns schädigen. Deshalb kannst du mit dieser Art der Beizung auch nur samenbürtige Erreger bekämpfen, die als äußerlicher Besatz wahrgenommen werden. Dies ließe sich bspw. auch durch Bürsten oder Waschen erreichen. Den Flugbrand, der im Embryo sitzt, lässt sich so allerdings nicht abwehren. Was du auch beachten musst ist, dass du auf diese Weise keinen Schutz gegen bodenbürtiger Erreger, wie z.B. den Erreger der Schwarzbeinigkeit hast. Denn den benötigten Beizhof, die Schutzzone, brauchst du ja im Boden und nicht in der Beizanlage. Deshalb kannst du mit dieser Art der Beizung auch nur samenbürtige Schaderreger loswerden.
Na, hast du dich schon entschieden, ob du weiterhin den chemischen Beizen den Vorzug gibst und auf Nummer sicher gehst? Oder haben bei dir auch alternative Beizverfahren eine Chance? Einen Überblick über die vielen Möglichkeiten hast du nun bekommen.
Die Beizung gilt als die gezielteste und umweltschonendste Pflanzenschutzmaßnahme überhaupt und lohnt sich in jedem Fall, egal für welche Form der Beizung du dich entscheidest! Und vielleicht geben Nährstoffbeizen ja den letzten Kick für den Ertrag.
Lies jetzt schon in unserem Certis-Blog etwas über die Geschichte der Beize, welche Getreidekrankheiten du durch Beizung bekämpfen kannst. Bald auch findest du hier Infos welche Beizauflagen du beachten musst, ob und wie du deine Beizstelle bzw. Beizanlage zertifizieren lassen kannst und vieles mehr rund um das Thema Saatgutbeize.