Nun ist es Wirklichkeit. Ab 08.10.2020 darfst du Chlorpropham nicht mehr zur Keimhemmung in Deutschland einsetzen. Die Abverkaufs- und Aufbrauchfristen sind vorbei. Auch die alten Applikationsverfahren am Förderband mittels Pulver oder die flüssige Variante mit einem ULV-Gerät sind nun passé. Hast du diese Varianten angewendet, so musst du nun in neue Technik investieren. Hattest du dagegen schon letzten Jahr ein Gerät zur Heißvernebelung im Betrieb, so kannst du dieses für einige Produkte jetzt auch weiter benutzen. Nach einer gründlichen Reinigung versteht sich.
Exkurs: Es gibt jedoch Unterschiede in dem Benzin- und Strom betriebenen Variante der Vernebelungstechnik. Welche liest du in unserem Blogartikel "Keimhemmungsmittel im Überblick: das musst du für die Saison 2019 wissen".
Apropos Reinigung. Hier musst du nun sehr vorsichtig sein. Noch gilt der alte Rückstandshöchstwert für CIPC. Aber es folgt ein neuer, zeitlich befristeter sogenannter t-MRL (temporary MRL), der wahrscheinlich Mitte/Ende nächsten Jahres in Kraft gesetzt wird. Dieser wird deutlich niedriger ausfallen als der bisherige.
Also handle bereits jetzt, vor der nächsten Saison und reinige dein Lager gründlich, denn CIPC findet sich auch im letzten kleinen Winkel. In den letzten Monaten ist eine Reinigungsanweisung erarbeitet worden, die du dir im Detail z.B. auf der Webseite der Versuchsstation Dethlingen anschauen kannst. Sie zeigt dir Schritt für Schritt wie du CIPC aus deinem Lager wieder loswirst und keine Bedenken mehr wegen etwaiger Rückstände haben musst.
Vorbeugen ist besser als Nachsorgen: Setze die Reinigung gründlich um, damit deine gelagerten Kartoffeln keine erhöhten Rückstände an CIPC aufweisen.
Im letzten Jahr haben wir bereits einmal einen Ausblick gegeben wie sich die Keimhemmung ohne CIPC entwickeln könnte. Was bleibt nun für 2020/21 und was ist Neues dazugekommen?
Kurz: CIPC – der Marktführer - ist weg, Ethylen kommt neu dazu.
Die vier aktuellen Wirkstoffe zur Keimhemmung in Deutschland 2020/2021:
- Maleinsäurehydrazid
- Grüne-Minze-Öl
- 1,4-Dimethylnaphthalin (1,4-DMN)
- Ethylen
Kein Produkt ist wie das Andere und bei jedem gibt es Vor- und Nachteile bzw. auch Besonderheiten, sei es von der Art der Applikation bis hin zur Wirkung oder dem Thema Rückstände oder aber Backfarben.
1. Keimhemmung auf dem Feld mit Maleinsäurehydrazid:
Maleinsäurehydrazid ist ein Wachstumsregler. Dieses wasserlösliche Granulat kannst du in deiner Pflanzenschutzspritze im grünen Kartoffelbestand normal ausbringen. (Warum du deine Spritze nach jeder Anwendung reinigen solltest) Maleinsäurehydrazid bildet nachweisbare Rückstände in deinen Kartoffeln, für die jedoch keine Kennzeichnungspflicht besteht. Bestellst du deinen Acker rein biologisch, kannst du dieses Mittel dann gleich von deiner Liste streichen.
2. Bio-Keimhemmung im Lager mit Grüne-Minze-Öl:
Seit letztem Jahr kannst du hochkonzentriertes Grüne-Minze-Öl als Keimhemmungsmittel einsetzen, welches die Keime austrocknet. Beim Sortieren der Kartoffeln kannst du sie dann später einfach abstreifen. Da Minze ein Naturprodukt ist, musst du dir um Rückstände keine Sorgen machen und kannst es auch getrost im ökologischen Anbau einsetzen. Oder als konventioneller Kartoffelanbauer kannst du Grüne-Minze-Öl auch ganz flexibel zum Beispiel mit Maleinsäurehydrazid kombinieren. Das Produkt wird mit elektrisch betriebenen Heißnebelgeräten appliziert (Xeda- Electrofog oder Synofog der Firma Veugen). Es ist für alle Lagerformen (Boxen- oder Schüttläger) als auch für alle Kartoffelarten - egal ob Speisekartoffeln, Verarbeitungs- oder Stärkekartoffeln - geeignet. Nur natürlich nicht für Pflanzkartoffeln!
Unser Tipp für die Heißvernebelung: solltest du die Electrofog-Technik in Erwägung ziehen, da sie vielerlei Vorteile bietet (Welche liest du hier), dann kümmere dich rechtzeitig um geeignete Geräte, da die Gerätehersteller bestimmte Lieferfristen haben!
3. Konventionelle Keimhemmung im Lager mit 1,4-Dimethylnaphthalin:
Als dritte Möglichkeit gibt es ein Keimhemmungsmittel mit dem Wirkstoff 1,4 Dimethylnaphtalin (kurz 1,4 DMN). Dieser Wirkstoff kommt auch natürlich in der Kartoffel vor. Durch die Applikation von zusätzlichem 1,4 DMN im Lager erhöhst du diesen Wert und sorgst für eine verlängerte Keimruhe. Geht der Anteil an 1,4 DMN dann mit der Zeit wieder runter und erreicht das natürliche Niveau in der Kartoffel, so ist es mit der Keimruhe vorbei und du musst nachbehandeln. Das darfst du dann bis zu 6x im Jahr. Das Produkt ist jedoch nur etwas für die konventionellen Lagerinhaber unter den Lesern, denn es ist nicht im Bio-Anbau zugelassen. Zudem musst du 30 Tage warten bis du die Ware nach der Behandlung verkaufen kannst. Und Pflanzkartoffeln darfst du damit auch nicht behandeln.
4. Neu: Keimhemmung im Lager mit Ethylen:
Ethylen, ist das nicht das Pflanzenhormon, dass zum Beispiel von Äpfeln als Reifegas ausgestoßen wird? Genau richtig! Es macht Salate welk, aber verhindert die Keimbildung an Kartoffeln. Du könntest natürlich auch einfach einen Apfelanbauern fragen, ob du deine Kartoffeln zusammen mit seinen Äpfeln lagern könntest. Im Alten Land oder am Bodensee wäre das zwar möglich, aber ist doch eher unpraktikabel.
Um nun mit dieser hochentzündlichen, gasförmigen Kohlenwasserstoffverbindung namens Ethylen deine Kartoffeln am Keimen zu hindern, benötigst du einen speziellen Generator. Mit diesem wird Ethylengas im Lager vernebelt und hinterlässt ebenfalls keine Rückstände. Für Veredelungskartoffeln informiere dich vorher beim Hersteller über die Eignung der Sorten, damit auch alles glatt läuft.
Unser Tipp zur Mittelwahl: Prüfe rechtzeitig welches Mittel für dich in Frage kommt. Teils sind Lieferengpässe zu erwarten bzw. die Warenverfügbarkeit nicht immer kurzfristig gegeben!
Keimhemmung 2020/21 – neue Verfahren
CIPC ist Geschichte. Für die Keimhemmungssaison 2020/21 stehen dir 4 Mittel zur Verfügung – Maleinsäurehydrazid, Grüne-Minze-Öl, 1,4-Dimethylnaphthalin (1,4-DMN) und Ethylen. Für den ökologischen Kartoffelanbau ist momentan nur Grüne-Minze-Öl als Keimhemmungsmittel zugelassen.
Kümmere dich rechtzeitig um eine neue Strategie, wie deine Kartoffeln keimfrei bis weit ins neue Jahr durchhalten können. Es gibt neue gute Alternativen, aber sie sind eben anders als der bisherige Marktführer.
Vielleicht auch interessant für dich? Unser Blogartikel "Keimfreie Biokartoffeln in Zeiten des Klimawandels?"