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8 Tipps wie du Apfelschorf vorbeugen kannst

Geschrieben von Team Obstbau | Freitag, 2.10.2020

"Einst hatt ich einen schönen Traum; Da sah ich einen Apfelbaum.
Zwei schöne Äpfel glänzten dran, Sie reizten mich, ich stieg hinan."

Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, Vers 4128 ff. / Faust

Hätten die „Äpfel“ in Goethes Faust nicht so schön geglänzt, sondern hässliche braune Flecken gehabt, wäre Faust wohl auch nicht so verzückt gewesen. Und sind wir mal ehrlich: Stehen wir selbst vor den Obstregalen im Supermarkt, suchen wir uns die Äpfel nur nach einem Kriterium aus: Der Optik. Je makelloser und glänzender, desto eher greifen wir zu. Ich habe noch nie jemanden vor dem Regal mit den vielen Apfelsorten sagen hören: „Ah, dieser hier ist so wunderbar fleckig, der sieht doch lecker aus! Den nehme ich.“

Deshalb sind beste Qualitäten für dich als Erwerbsanbauer das A & O. Jeder Fleck, jede Delle am Apfel bestraft der Handel mit Abzügen bzw. nimmt sie erst gar nicht an. Und auch im Hofladen kannst du fleckige Äpfel nur als B-Ware anbieten, wenn überhaupt. Da der Apfel aber nun mal ein Naturprodukt ist, hast du es nicht so einfach. Viele Krankheiten und Insekten, wie z.B. die mehlige Apfelblattlaus haben es auf deine Äpfel abgesehen. Die einen bohren Löcher in die Schale, die anderen lassen sie schneller faulen oder verunstalten sie mit Rissen und Flecken. Ein ganz besonders fieser Vertreter dieser Art ist der Apfelschorf.

In dem Artikel „Das Schreckgespenst Apfelschorf – erkenne den Feind“ haben wir diese Pilzkrankheit für dich einmal genauer unter die Lupe genommen. In „Frühschorf, Spätschorf, Lagerschorf - die 3 Gesichter des Apfelschorfs“ stellen wir dir den Apfelschorf und die von ihm verursachten Schäden bildlich vor. Nun möchtest du garantiert auch wissen, wie du ihn dir vom Hals halten kannst. Diese 8 Tipps helfen dir dabei.

So hältst du dir den Schorf vom Hals

Leider muss ich dir an dieser Stelle gestehen, dass alle Vorsorgemaßnahmen gegen Apfelschorf deine Apfelbäume nicht vollkommen immun gegen seinen Angriff machen. Aber du kannst mit unseren 8 Tipps den Schorf soweit in die Ecke drängen, dass er nur noch ganz klein mit Hut ist. Dann schlägst du ihn später mit den richtigen Bekämpfungsmaßnahmen komplett in die Flucht.

  1. Die Schorf-Susi-sorglos-Sorte hält dir Ärger fern

    Pflanzt du neue Apfelbäume, kannst du schon mit der Wahl der Sorte entscheiden, wie sehr dich der Schorfpilz in Zukunft quälen wird. Besonders anfällig sind z.B. Jonagold und Gala, wenig anhaben kann der Apfelschorf dagegen Rustica und Topaz. Eine interessante Präsentation über Apfelsorten und ihre Schorfanfälligkeit haben wir hier gefunden. Vielleicht ist ja eine interessante Sorte dabei?

  2. Reihe für Reihe die gleiche Sorte? Nein, die Mischung vertreibt den Schorf!

    Natürlich mag der Konsument oft Apfelsorten, die eher vom Schorf heimgesucht werden als Schorf resistente Sorten. Statt wie üblich die Sorten getrennt voneinander in Reih und Glied anzubauen, mische sie einfach. Das Anpflanzen unterschiedlich anfälliger Apfelsorten innerhalb der Reihe führt sogar zu bis zu 79 % weniger Schorfbefall als die Mischung durch abwechselnde Reihen (nur 65%). Und allzu viele unterschiedliche Sorten brauchst du dabei auch nicht. 3 verschiedene reichen vollkommen aus. Es wurde nämlich herausgefunden, dass die Ascosporen nur die Wirte besiedeln können, die ihrem Virulenzmuster ähneln. Und da es viele Phatogen-Genotypen beim Apfel gibt, kannst du diese differenziellen Resistenzen nutzen und den Infektionsdruck von Venturia inaequalis so vermindern.

    Ganz zurücklehnen kannst du dich aber leider trotz dieses Tipps nicht zu 100 Prozent. Um einen Resistenzdurchbruch zu verhindern, solltest du auch diesen Sorten bzw. deiner schön durchmischten Apfelplantage ein Minimum an Fungizidmaßnahmen (3 Mal wird mind. empfohlen) angedeihen lassen.
  3. Ein guter (Haar-)Schnitt schützt vor Krankheit

    Offene Lagen ohne viel Nebel und langen Tau mag der Pilz eher weniger. Hier fehlt dem Apfelschorf seine geliebte Blattnässe. Bei Neuanpflanzungen solltest du deshalb schon bei der Standortwahl darauf achten. Bist du hier stark eingeschränkt, kannst du auch mit einem flotten Schnitt viel erreichen. Durch Schnittmaßnamen (ein guter Schnitt beugt gleich auch noch Obstbaumkrebs vor) gestaltest du das Mikroklima in deinem Bestand luftig frisch, was wiederum die Blätter nach Tau und Regen schneller abtrocknen lässt und dem Pilz auch wieder seine geliebte Blattnässe verwehrt. Dabei zeigt der zentrifugalen Baumaufbau, der durch Extinktion erreicht wird, bessere Effekte gegen Apfelschorf als das konventionelle Solaxe Erziehungssystem, bei dem der Giebel in der Reihe auf einem Draht abgelegt wird.

    Bringst du später dann doch noch Fungizide aus oder planst eine Ausdünnung oder ähnliches, so verteilt sich dein Mittel gleich viel besser wenn nicht zu viel Ast- und Blattwerk herumhängt. Aber Achtung: weniger ist mehr. Tendenziell „danken“ dir deine Bäume den starken Schnitt mit einem ebenso kräftigen Neuaustrieb. Hier musst du also gekonnt zu Werke gehen, um das Wachstum nicht zu stark zu provozieren. Über den richtigen Baumschnitt gibt es auch unzählige Empfehlungen, Bücher und sogar Philosophien, die sich immer wieder mal ändern.

  4. Bitte nicht (Über-)Füttern!

    Wenn du deine Apfelbäume sparsam mit Stickstoff düngst (30 bis 40 kg N/Jahr), wachsen sie moderat und schließen die Triebbildung zeitig ab. Damit ist die Zeitspanne, in der der Pilz noch nicht altersresistentes, junges Gewebe findet, möglichst kurz. Nimmst du sogar Kalkstickstoff kannst du gleichzeitig den Blättern noch einen extra Schub für die Verrottung geben.

  5. Mit Helferlein und Hygiene gegen den Pilz vorgehen
    Im Artikel „Das Schreckgespenst Apfelschorf“ hast du bereits erfahren, dass Venturia inaequalis seinen Winterschlaf auf dem Laub in der Anlage hält und von dort aus im Frühjahr zuschlägt. Was liegt da näher, als ihm sein Reservoir zu klauen? Hier hast du gleich mehrere Möglichkeiten einzugreifen:

    • Bodenleben fördern: Du kannst zum einen das Bodenleben fördern, indem du intensive Bodenbearbeitung zwischen den Bäumen unterlässt. Die Bodenlebewesen, also Regenwurm & Co., zersetzen das Laub oder zerren es in tiefere Bodenschichten, sodass es dir keinen Ärger mehr machen kann.
    • Laubrotte unterstützen: Unterstützen kannst du die Rotte des Falllaubes mit der Spritzung Harnstoff zum Zeitpunkt des Blattfalls im Herbst bis Mitte/Ende März je nach Apfelsorte. Denn nicht jeder Baum verliert immer im Winter seine Blätter. Oder du streust Kalk auf die Blätter, worüber sich die Mikroben freuen und dir beim Abbau helfen. Es wurde zudem herausgefunden, dass große Mengen an Kalk die Bildung der Pseudothecien hemmen kann. Als ökologisch wirtschaftender Betrieb kannst du nur normalen Kalk nehmen, keinen Kalkstickstoff. Damit kannst du auch gut zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und den Obstbaumkrebs in Schach halten. Mulchen oder Fräsen darfst du aber selbstverständlich genauso.
    • Laub saugen: Zum anderen kannst du das alte Laub auch gegen Ende des Winters z.B. mit der Elise aufsaugen. Nein, das hat nichts mit Beethovens Klavierstück zu tun, sondern ist der Name eines Laubsaugers. Warte damit am besten bis Ende Januar/Februar wenn es mal nicht friert und der Boden trocken ist, aber plane deine Saugaktion noch vor dem Obstbaumschnitt ein. Dann ist ein Großteil des Laubes schon gut zersetzt und hat die Bodenfauna über den Herbst und Winter hin gut ernährt.
    • Laub häckseln: Schnapp dir eine Laubfräse oder einen Häcksler und zerkleinere die Blätter bzw. fräse sie ein den Böden ein. Das sorgt für eine gute Zersetzung, so dass der Schorfpilz gar nicht erst den Winter übersteht. Kleiner Ausflug nach Übersee: Im Nordosten der Vereinigten Staaten hat ein findiger Wissenschaftler herausgefunden, dass du durch das Zerkleinern der Apfelbaumblätter im Herbst (November) oder im Frühjahr (April) eine 80 bis 90 %ige Verringerung des Schorfrisikos bemerken kannst. Arbeitest du dabei jedoch nicht sehr sorgsam und zerkleinerst die Blätter nicht richtig, kannst du das Apfelschorfrisiko nur um 50 bis 65 % reduzieren. Aber immerhin etwas.
  6. Hagelnetz: der Freund des Apfelschorf

    Hagel ist ein gefürchtetes Wetterphänomen unter Obstbauern! Die Schäden, die die bis zu Tennisbällen großen Hagelkörner verursachen können enorm sein. Das LWK Niedersachsen hat extra ein Poster gestaltet, das dir als Anbauer eine Beurteilung der Apfelqualitäten nach Hagel erleichtern soll. Jedoch kann es sich in Hinblick auf Apfelschorf lohnen, das Netz nicht die ganze Saison über den Bäumen zu lassen. Hagelnetze haben nämlich den unangenehmen Nebeneffekt, die Feuchtigkeit z.B. durch Regen oder Tau unter der Bespannung nicht wegzulassen. Apfelschorf braucht diese Nässe, um seine volle Infektionswirkung zu entfalten. Und je länger die Blätter, Knospen, Triebe und Früchte feucht sind oder sogar Tropfen bilden, desto stärker kann sich der Schorfpilz ausbreiten.

  7. Nutze Prognosemodelle: Deine Glaskugel für den Infektionszeitpunkt

    In unserem Artikel Schreckgespenst Apfelschorf hast du erfahren, dass die Blattfeuchte, die Temperatur und auch das Licht Einfluss darauf haben, wann der Apfelschorf mit der Verbreitung seiner Ascosporen/Fußabdrucksporen beginnt. Du kannst diese Indikatoren perfekt dazu nutzen, den genauen Infektionszeitpunkt deiner Anlage zu ermitteln und dann den Feind Schorf gezielt zu bekämpfen. Und dazu brauchst du nur eine Wetterstation, die die wichtigen Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchte und Blattnässe zuverlässig erfasst und natürlich einen PC. Oder du bedienst dich einfach der bereits existierender Schorf-Prognoseprogramme wie RIMPro in Süd- und Mitteldeutschland, SIMSCAB Altes Land und WELTE oder in Österreich der LK Warndienst. Sie sind führend und leisten in der Beratung zuverlässig ihre Dienste. Im Bioanbau ist auch das System von Fruitweb beliebt.

    Hier werden nach Anmeldung mehrere Simulationssysteme angeboten.
    Das Prinzip ist das immer das gleiche: Die bestimmenden Parameter der Wetterstation werden verrechnet und dann in einer Grafik oder Tabelle dargestellt. Ab einem bestimmten Wert kannst du dann mit einer Infektion rechnen (in der Abbildung gekennzeichnet durch die dunkelroten Spitzen). Wenn kurativ wirkende Fungizide zum Einsatz kommen sollen (wie z.B. Schwefelkalkbrühe), musst du dann schnell reagieren und innerhalb kürzester Zeit die Anlagen behandeln. Bei Belagsfungiziden (wie die klassischen Wirkstoffe Dithianon, Captan und auch Schwefel) müssen die Behandlungen schon vorher erfolgt sein. Hierzu werden die Daten der Wetterstation mit den Daten der Wetterprognose ergänzt. Zusammen ergibt sich dann eine Beurteilung der kommenden Tage hinsichtlich der Schorfgefahr. Ist diese hoch, so solltest du dann unbedingt das Belagsmittel deiner Wahl ausbringen. Wurde eine Infektion nicht abgedeckt, so ist nach einer gewissen Zeit mit neuen Schorfflecken zu rechnen. Diese Zeit nennt sich Inkubationszeit, im Modell oben von WELTE als sich erweiternden Dreieck nach rechts dunkelrot dargestellt. Bricht das Dreieck ab, so ist mit neuen Schorfflecken zu rechnen.

  8. Die guten alten Pflanzenschutzmittel: auch kurativ kannst du sie einsetzen

    Meist reichen die ersten 7 Vorsorgemaßnahmen jedoch im professionellen Bereich nicht aus. Hier musst du dich immer informieren, welche Produkte in deiner Kultur aktuell zugelassen sind. Aber das hatten wir ja schon. Neben den klassischen Fungiziden drängen immer mehr biologische Produkte in den Vordergrund. Zum einen sind dies Schwefel und Schwefelkalkbrühe, aber auch Produkte auf Basis von Kaliumhydrogenkarbonat. Insbesondere das fertig formulierte Produkt ist in der Wirkung dem unformulierten deutlich überlegen.

    Oder du entscheidest dich antagonistischen Mikroorganismen auszubringen, was besonders die biologisch wirtschaftenden Betriebe unter den Bloglesern interessieren könnte. Wir haben Dissertationen zu diesem Thema gefunden, die vielversprechende Ansätze liefern. So zum Bsp. zu Pseudomonas fluorescens Bk3, der bei Holsteiner Cox und Elstar gute Ergebnisse in der Schorfreduktion zeigen konnte. Aber Achtung: Auch diese biologischen Produkte müssen erst zugelassen werden, damit du sie einsetzen kannst. Auch die Wirkung ist nicht immer so gut wie verhofft. So war Serenade (Bacillus subtilis) auch gegen Schorf zugelassen, jedoch nicht lange.

Sorgsame Vorkehrungen sind der erste Schritt zur Apfelschorfbekämpfung

Unter Apfelschorf hat jeder Erwerbobstanbauer zu leiden. Eine kleine Statistik für dich: Im Jahr 2019 waren von über 21 Pflanzenschutzbehandlungen im konventionellen Apfelanbau 19 Mal Fungizide dabei, der größte Anteil davon gegen Apfelschorf. Wirtschaftest du rein biologisch, so stehen dir leider außer Kupfer nicht sehr viele, gut wirksame Mittel gegen Apfelschorf zur Verfügung.

Wir haben dir in diesem Artikel 8 interessante Tipps zusammengestellt, wie du Apfelschorf einfach in die Ecke drängst und sogar regelrechte Schorfepidemien verhindern kannst. Ob bereits bei Wahl der Apfelsorte, beim Anpflanzen, oder später bei der Pflege der Zwischenreihen. Du kannst viel tun, um den Apfelschorf alt aussehen zu lassen.

Auch bei all den guten Tipps wirst du Apfelschorf nicht immer gänzlich verhindern können. Deshalb haben wir im nächsten Artikel für dich optimale Bekämpfungsstrategien gegen Apfelschorf zusammengestellt. Damit du auch morgen knackige, schorffreie Äpfel ernten kannst.

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Quellen:

https://www.diplomarbeiten24.de/document/188383

https://www.erudit.org/fr/revues/phyto/2002-v83-n1-phyto3378/706226ar.pdf

https://orgprints.org/29508/1/These_Laurent_Jamar.pdf

https://d-nb.info/98247167X/34

http://www.actahort.org/books/513/513_34.htm

http://orgprints.org/13736