„Niemals hätte ich gedacht, dass es mal so weit kommt!“ Aufgebracht stampfe ich durch meinen Rapsschlag. „Da! Und da auch! Jetzt fliegen doch diese Mistviecher von Rüssler schon im Februar über meinen Raps und dabei hatten wir letzte Woche noch Schnee!“ denke ich verzweifelt. „Nun aber schnell die Gelbschalen aufstellen und abschätzen, ob ich spritzen muss. Denn die Viecher halten sich nicht lange mit dem Reifungsfraß auf. Sind die Eier erstmal abgelegt, habe ich verloren!“
Ja, der Klimawandel lässt grüßen. Wenn der Rhododendron im Dezember auf einmal anfängt zu blühen (bei mir nämlich), solltest du dir vielleicht schon mal etwas eher als sonst Gedanken über deinen Rapsschlag machen. Bereits ab 5 °C Bodentemperatur ist die magische Grenze erreicht und der Rüssler erwacht!Doch Rüssler ist nicht gleich Rüssler. Wie du diese fiesen Rapsschädlinge auseinanderhältst, ab welcher Rüsslerzahl du mit dem Kampf beginnen solltest uvm. erfährst du, wenn du weiterliest.
Sie hören auf den lat. Namen Ceutorhynchus spp., haben 6 Beine, einen dicken ovalen Käferkörper mit Borsten, ein trapezförmiges Halsschild, an dem ein kleiner Kopf mit Rüssel hängt. Vorn am Rüssel sitzen 2 Fühler, die am Ende kleine Kugeln haben. Jedes Mal, wenn ich die sehe, muss ich an die Keulen denken, mit denen wir früher immer im Sportunterricht gymnastische Übungen durchführen mussten.
Es gibt ihrer 4 an der Zahl, die du als Rapsanbauer kennen solltest. (Es gibt übrigens noch einen Fünften, den Zahnrüssler oder auch Blauer Mauszahnrüssler genannt. Dieser grünblau glänzende Rüssler spielt jedoch nur regional eine Rolle.) Doch keine Sorge, sie fallen nicht alle zur gleichen Zeit über deinen Raps her. Sie verteilen sich schön über Herbst, Winter und Frühjahr, so dass du auch immer etwas zu tun hast.
Der erste kommt bereits im Herbst, die anderen 3 treiben ihr Unwesen erst nach dem Winter. Den letzten der Dreierbande zieht es sogar erst im Frühjahr zu deinen Rapsschoten hin. Mit wem hast du es genau zu tun? Schauen wir uns die Rüssler-Bande einmal genauer an.
Größe: 3,2–4 mm
Körperfarbe: schwarz-grau meliert, schwarze Beine und Schuhe
Nachwuchs: gelbliche, beinlose Larven, 5-7 mm lang, schwarzer Kopf verfärbt sich später gelbbraun
Schäden:
Aktivität: Zuflug startet ab 5 °C Bodentemperatur und 11 °C Lufttemperatur
Behandlungsbedürftig? Unbedingt! Handeln solltest du auf jeden Fall, wenn die Anzahl der Rüssler die Schadensschwelle überschritten haben. Der Große Rapsstängelrüssler hat das größte Schadpotenzial unter der Rüssler-Bande. Sparst du dir seine Bekämpfung, musst du durch die Schäden der Larven und der Eiablage mit ca. 10 bis 30 % Minderertrag rechnen.
Auf den Großen Rapsstängelrüssler triffst du im neuen Jahr als erstes in deiner Gelbschale. Hast du im Umkreis von 500 m zu deinem diesjährigen Rapsschlag letztes Jahr Raps angebaut? Dann gibt bei deiner Gelbschalen-Kontrolle besonders acht, denn dieser Bandit überwintert in den alten Rapsschlägen. Sei in diesem Fall besonders vorsichtig und stelle die Gelbschalen schon im Februar auf. Ein Tropfen Spiritus noch ins Spüliwasser, dann friert dir die Gelbschale auch nicht ein und bleibt fängig. (Wie du die Gelbschale richtig aufstellst, liest du hier)
Du hast nur ein sehr kurzes Bekämpfungsfenster, wenn der Große Rapsstängelrüssler einmal unterwegs ist. Rüsslersex und anschließender Reifungsfraß können schon nach sehr wenigen Tagen vorbei sein. Und sind die Eier einmal in den Rapstängel gelegt, kommst du nicht mehr ran.
Körperfarbe: braun-grau meliert, heller Fleck auf der Rückenmitte, rötliche Füße
Nachwuchs: 4-6 mm weiß gelbliche Larven, gelbbrauner Kopf, ohne Beinchen
Schäden:
Aktivität: Zuflug ein paar Tage später als der Große Rapsstängelrüssler, ab 6°C Bodentemperatur und 12°C Lufttemperatur
Behandlungsbedürftig? Ja, aber er verursacht nicht so ein großes Schadpotenzial wie der Große Rapsstängelrüssler. Jedoch musst du auch bei diesem Rüssler mit Ertragsverlusten rechnen. Zudem zieht dieser gefleckte Bandit andere Rapskrankheiten an wie Phoma lingam oder auch Botrytis cinerea. Deshalb studiere die Schadschwelle dieses Rüsslers ganz genau, damit du weißt, wann du handeln musst.
Unser gefleckter Rüssler überwintert nicht auf alten Rapsschlägen. Er macht es sich lieber in Hecken, im Laub oder an Waldrändern bequem. Ob Laub- oder Nadelwald ist ihm dabei wurscht. Ab 12°C und Sonne schwingt er sich in die Lüfte und macht sich auf in das nächste Rapsfeld. Bei Windgeschwindigkeiten über 3 Meter pro Sekunde (10,8 km/h) wirst du ihn jedoch nicht antreffen. Das ist ihm zu windig.
Besonderheit: Wird dieser Rüssler in der Gelbschale gefangen, so kann man den Fleck auf dem Rücken oft nicht mehr erkennen. Das ist natürlich ziemlich doof, wenn du die Rüssler unterscheiden willst. Lass deinen Rüsslerfang einfach kurz trocknen, dann wird der Fleck wieder sichtbar.
Körperfarbe: grauer Körper mit einfarbigen Beinen und schwarzen Schuhen, zarte Mittellinie am Halsschild
Nachwuchs: Eier glänzen weißlich und sind von einer schleimigen Schicht ummantelt, die Larven sind 4-5 mm lang, weiß gelblich und leben in der Rapsschote, ohne Beine mit braunem Kopf
Schäden:
Aktivität: ab 12 °C Boden- und 15 °C Lufttemperatur, ab 20 °C am aktivsten
Behandlungsbedürftig? Ja, insbesondere bei gleichzeitigem Auftreten der Kohlschotenmücke. Der Kohlschotenrüssler hat es, wie sein Name schon sagt, auf deine Rapsschoten abgesehen. Er ist der letzte Rüssler, der dir im Frühjahr begegnet. Ihn musst du direkt aus der Blüte bzw. den Knospen klopfen, um den Befall ermitteln zu können. Lies dazu auch unseren Blogartikel zu den Schadschwellen.
Körperfarbe: schwarz glänzend, Unterseite mit hellen Schuppen, rote Borstenbüschel auf dem Halsschild, die schwarzen Beine haben rote Schuhe an
Nachwuchs: 5 mm weiße Larve ohne Beine, Kopf wechselt von gelblich zu braun
Schäden:
Aktivität: ab September bei über 12 °C bis in den März hinein, gern zusammen mit dem Rapserdfloh (siehe Schadschwellen)
Behandlungsbedürftig? Ja, zusammen mit dem Rapserdfloh
Hast du Angst vor dem Schwarzen Kohltriebrüssler, so baue einfach neben dein Rapsfeld noch ein kleines Feld oder Streifen mit Rübsen an. Die mögen die Rüssler nämlich lieber als Raps.
Diese Rüsselkäfer haben es in sich. Entdeckst du sie in deinem Rapsbestand, ob im Herbst oder Frühjahr, musst du handeln. Doch dazu musst du erst einmal deine Gelbschalen rechtzeitig an deinem Feld platzieren. Denn ohne Arme keine Kekse, also ohne Gelbschale keine Ahnung welches Tierchen sich so in deinem Bestand tummelt. Denn neben dem Rüssler treiben noch viele weitere Insekten im Raps ihr Unwesen: Rapsglanzkäfer, Erdflöhe, Kohlschotenmücken, Kohlrübenblattwespe und und und.
In diesem Artikel hast du den Großen Rapsstängelrüssler kennen gelernt, der gern zeitgleich mit seinem Kumpel, dem Gefleckten Kohltriebrüssler, in deinen Raps fliegt. Im Herbst begegnest du eher dem Schwarzen Kohltriebrüssler, wenn du genau den Zeitpunkt seinen Zuflugs erwischst. Vor der Blüte kommt dann der letzte Rüssler in deinen Raps, der Kohlschotenrüssler. Er hat es nicht auf die Rapspflanze an sich abgesehen, sondern konzentriert sich auf dein Erntegut - die Schoten.
Wir haben dir nicht nur die 4 ausgewachsenen Rüssler vorgestellt, sondern auch ihren Nachwuchs, die Larven. Denn sie verursachen die größten Schäden. Jedoch ist es für dich mit einer Bekämpfung schon zu spät, wenn du die Larven findest. Denn Insektizide wirken nur gegen die Käfer, in die Pflanze kommen sie nicht rein. Da kannst du dann nur noch auf räuberische Laufkäfer, Spinnen und Schlupfwespen setzen.
Hast du deine Gelbschalen rechtzeitig aufgestellt und auch fleißig Insekten gefangen, musst du die Schadschwelle bestimmen. Wir haben dir eine Tabelle aller Rüsslerschadschwellen im nächsten Blogartikel zusammengestellt.
Nun wünschen wir dir viel Erfolg bei der Rüsslerbekämpfung.