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Rapsschädlinge im Anflug: So wird die Gelbschale richtig aufgestellt!

Geschrieben von Team Ackerbau | Freitag, 24.5.2019

War mir das peinlich! Als ich das erste Mal mit den Worten „Stell mal bitte Gelbschalen im Raps auf“ losgeschickt wurde, machte ich mich wie selbstverständlich auf den Weg. Am Rapsschlag angekommen taten sich immer mehr Fragezeichen über meinem Kopf auf. Wohin genau mit den Dingern? Wie viel von dem Seifenwasser soll da rein? Und wozu ist dieser komische schwarze Pinökel? Ich kann doch jetzt nicht den Chef anrufen und ihn all das fragen. Sowas weiß doch schließlich jeder.

Fangen wir ganz vorne an. Mir war klar, dass man mit Gelbschalen theoretisch rausfinden kann, wann Käfer im Anmarsch sind. Ich wusste nur nicht, wie es geht. Hier gebe ich dir praktische Tipps weiter, wie du Gelbschalen pannenfrei als Frühwarnsystem nutzen kannst.

Mit welcher Form locke ich die Rapsschädlinge am besten in die Falle?

Sind dir Gelbschalen schon einmal in anderer Funktion begegnet? Ich habe schon Käfer-Späher gesehen, die als Vogeltränken, Katzentoiletten oder Papierablagen missbraucht wurden. Scheinbar sind für Zweckentfremdungen und Diebstahl vom Feld die rechteckigen Kollegen wesentlich attraktiver.

Doch was meinst du, bevorzugen die Käfer? Fliegt das Runde eher ins Eckige oder landet rund in rund nach dem Motto gleich und gleich gesellt sich gern? Den Tieren ist das vermutlich egal; die Fangfläche ist bei den eckigen Ausführungen jedoch erheblich größer. 380 cm² hat mein rundes, 800 cm² mein eckiges Beispielexemplar. Somit wird man mit den Eckigen tendenziell mehr Insekten einfangen.

Ecken und Kanten hat diese Ausführung nicht nur haptisch, sondern auch beim Handling. Bei der Befestigung braucht man etwas Basteltalent und mit Wasser gefüllt ist die eckige Gelbfangschale doch recht wabbelig und instabil. Von daher gilt meine Empfehlung den runden Gelbschalen, obwohl mein Kollege wiederum auf die eckigen schwört. Es ist also reine Geschmackssache. Doch wann solltest du sie auf dem Rapsschlag positionieren?

Optimaler Zeitpunkt die Gelbschale aufzustellen: Herbst und Frühjahr

Sobald sich die jungen Rapspflanzen im Herbst nach der Saat durch den Boden gekämpft haben, laufen sie Gefahr, von Rapserdflöhen und Schwarzen Kohltriebrüsslern beim sogenannten Reifungsfraß angeknabbert zu werden. Deshalb solltest du deine Spione schon auf ihren Posten haben, bevor der Tisch für die Insekten gedeckt ist. Stoßen die ersten Keimblätter durch, muss der Wachposten installiert sein.

Fängst Du mehr als 50 Rapserdflöhe in drei Wochen bzw. 10-25 Rüssler (bzw. sind 10 Prozent der Blattfläche angefressen) so musst Du handeln! Jetzt ist eine Spritzung mit Insektiziden notwendig, um die Erdflöhe und auch die Rüssler vor der Eiablage zu hindern und um so wirtschaftlichen Schaden (bis zum Totalausfall) durch die Larven zu vermeiden.

Bis zum Ende der Vegetationsruhe kannst du deine Gelbfangschale dann erst einmal in den Urlaub schicken. Die Beobachterposten müssen im Frühjahr, wenn die ersten Sonnenstrahlen und warmen Temperaturen nicht nur uns, sondern auch die Insekten rauslocken, wieder besetzt werden.

Steigen die Temperaturen über 12 Grad, ist Obacht geboten, denn der nächste Schädling, den wir fangen wollen, überwintert als Käfer im Boden. In einem milden Winter darf die Gelbschale sogar schon im Februar mit dem Fangen beginnen, denn verpasst du den ersten Zuflug, kann der nun kommende Große Rapsstängelrüssler in Ruhe seine Eier ablegen.

Pass auf! Seine Larven kannst du dann nicht mehr bekämpfen! Findest du 15 Rüssler und mehr in deiner Schale musst du schnell sein, besonders wenn das Wetter schön bleibt! Hier helfen Pyrethroide, die du auch gegen den nächsten Rapsschädling einsetzen kannst.

Gleichzeitig zum Rüssler hat es noch jemand anderes auf deinen Raps abgesehen. Er überwintert an der Nordseite von Wäldern und Knicks in der Spreu bzw. im Laub und fliegt ab ca. 18 Grad direkt in dein Feld - der Rapsglanzkäfer. Ihn findest du oft in der Gelbfangschale, doch ob die Schadschwelle schon überschritten ist, bestimmst du durch Ausklopfen der Knospen. Nicht durch mühsames Zählen der Käfer in der Falle.

Hier versteckt sich der Rapsglanzkäfer in Knospen

Wo ist der bester Platz für die Gelbfangschale?

Die Schalenform und den Aufstellzeitpunkt hatte ich. Nur eine Frage plagte mich am Feldrand noch: Von wo aus würde ich das Büffet stürmen, wenn ich ein Insekt wäre? Doch eigentlich ist die Antwort ganz logisch. Die Insekten kommen aus ihrer ehemaligen Heimat (wie zum Beispiel ein Schlag, auf dem zuvor Raps stand) oder aus der sicheren Deckung (Hecken, Waldränder, Wiesen).

Vier Gelbschalen pro Schlag, so lautet die allgemeine Empfehlung. Gesehen habe ich so etwas in der Praxis noch nie. Die meisten Feldherren positionieren ein bis zwei Wachtürme in ihrem Herrschaftsgebiet. Du musst ja auch noch schaffen, die alle regelmäßig zu kontrollieren.
Die Herkunft des Feindes ist klar? Super. Vom hiesigen Feldrand läufst du nun ca. 15 m rein ins Gewende. Bingo! Hier ist der perfekte Ort um deinen Spion zu positionieren. Wie du deine Gelbschale richtig aufbaust, folgt jetzt.

So stellst du deine Gelbschale richtig auf!

An dieser Stelle drohte ich das zweite Mal zu scheitern. Mitgegeben hatte man mir

• einen Kanister mit Schaumwasser
• einen Besenstil
• eine gelbe Plastikschale
• eine scheinbar darauf zugeschnittene Gitterabdeckung und
• diesen ominösen - bereits erwähnten – schwarzen Pinökel.

Nun stand ich da, wie der Ochs vorm Berg. Scheinbar dreht sich erst einmal alles um die kreisrunde Öffnung in der Mitte der Gelbschale. Und genau so ist es auch. Gedacht ist das nämlich wie folgt: Die Höhe der Gelbschale soll mit der Höhe der Rapspflanzen mitwachsen, um die Schädlinge auch weiterhin magisch anzuziehen. Dafür wird sie auf den Besenstil aufgespießt. Damit das Ganze dann der Schwerkraft trotzen kann, dient dieser schwarze Plastikpinökel als Halterung.

Ahhhhh! Das Ding ist nämlich die Stabaufnahme. Die Frage „Wie rum soll das Teil da drauf?“ beschäftigte mich noch kurz, aber dann war alles klar wie Kloßbrühe. Besenstil in den Boden gerammt, Stabaufnahme mit der schmaleren Seite gen Himmel an den Stil – also wie eine startende Rakete – und drauf die Gelbschale. Damit sich keine Bienen oder Hummeln in die Falle verirren, kommt das Gitter noch on top und fertig war mein Wachturm.

Hier wird jetzt auch klar, warum die eckigen Exemplare etwas mehr Konstrukteurkönnen erfordern. Wer diese mitwachsen lassen möchte, muss erst eine Halterung basteln. Aufgestellt ist die Gelbschale nun am rechten Ort und auf korrekte Weise, nun müssen wir die Schädlinge bei ihrem Besuch nur noch gefangen nehmen.

So befüllt, entflieht kein Erdfloh, Rüssler und Glanzkäfer mehr deiner Gelbschalen-Falle!

"Willst du viel, fang mit Pril!", könnte hier die Devise lauten. Erdflöhe, Rüssler, Kohlrübenblattwespe und Glanzkäfer sind ganz kleine, leichte Gefährten, die sogar über Wasser gehen können. Damit die Schädlinge, die in der Gelbschale landen, auch brav in der Falle bleiben, musst du die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzen.

Das funktioniert ganz simpel: Mit Spülmittel. Damit die Schale bei starkem Regen nicht überläuft und so deine Gefangenen wieder in die Freiheit entlässt, füllst du sie nur halbvoll mit Spüli-Wasser. Auf Kontrollpatrouille solltest du bei warmem Wetter (ab ca. 12 Grad) alle zwei bis drei Tage gehen. Lange leer bleibt der unwiderstehlich gelbe Kreis sicher nicht.

Feinde erfolgreich gefangen genommen – Gelbschale schnell kontrollieren

Es war warm, der Wind wehte nicht allzu stürmisch und du schreitest zur Tat – die Kontrolle deiner Gelbschalen steht an. Schon beim Annähern siehst du, dass sich auf dem Grund allerlei Getier versammelt hat. Je nachdem, wie viele es sind, kannst du sie vorsichtig mit den Fingern raussammeln, rauskäschern oder du kippst den Inhalt der Schale durch ein feines Sieb. Nass sehen die Käferchen so gut wie gleich aus – schwarze, kleine Insekten. Besser identifizieren lassen sie sich, wenn sie getrocknet sind und du eine Lupe zur Hilfe nimmst. Nun musst Du Häufchen bilden und jede Gattung einzeln zählen, denn je nach dem was da krabbelt, ist die Schadschwelle, ab wann gespritzt werden muss, unterschiedlich. Aber das habe ich dir ja oben schon erzählt.

Große Ausbeute

Wer Ertrag will, muss Raps schützen

Ein Spion am rechten Ort ersetzt 20.000 Mann an der Front.
Napoleon I. Bonaparte

Was schon Napoleon erkannte, ist auch die Marschrichtung für die Positionierung unserer Gelbschalen. Diese stellen wir das 1. im Herbst  nach der Saat und das 2. Mal im Frühjahr, halb voll mit Spülmittel 15 m rein ins Gewende; am besten an die Seite deines Schlages, die an abgeerntete Rapsschläge des Vorjahres grenzt, oder die von Wald oder Hecken gesäumt wird. Dann wird alle 2 bis 3 Tage kontrolliert und somit überwacht, ob die feindliche Invasion beginnt. Wer Ertrag will, muss seine Kultur schützen. Und nur wer seinen Feind kennt bzw. dessen Anwesenheit überhaupt bemerkt, kann ihn rechtzeitig und schlagkräftig bekämpfen.