Steckt dir vielleicht noch der Frust wegen des starken Peronosporabefalls in 2021 in den Knochen? Dann bist du nicht allein. Für sehr viele Winzerinnen und Winzer war 2021 ein besonderes und vor allem herausforderndes Jahr. Da war es egal, ob man konventionell oder biologisch seinen Wein angebaut hatte, Peronospora hat jeden erwischt. Doch es gab Winzer, die konnten dem Falschen Mehltau ein Schnippchen schlagen. Und das, obwohl sie rein biologisch wirtschafteten! Wie das ging? Lies in diesem Artikel den ersten von 5 Tipps für einen erfolgreichen (biologischen) Kampf gegen Plasmopara viticola. (Auch für konventionelle Winzer lesenswert. 😊)
Rückblick: Das schlimme Jahr 2021 der Pilzkrankheiten im Weinbau
Starke Niederschläge haben dem einen Winzerkollegen mehr Probleme beschert als dem anderen. Manche Rebsorten wie z.B. Merlot waren empfindlicher als die anderen, was viele Praktiker leidvoll bestätigten. Aus der Pfalz hörte ich, dass Merlot kaum jemand erfolgreich in 2021 gegen Peronospora schützen konnte. Egal ob integriert oder biologisch behandelt.
Lesetipp: Der Bioverband ECOVIN hat übrigens einen schönen Jahresrückblick 2021 über die verschiedenen Anbaugebiete veröffentlicht, den du unter diesem Link findest.
So lagen im letzten Jahr Freud und Leid oft nicht nur sprichwörtlich nebeneinander. Auf den folgenden Fotos sind Bioflächen unterschiedlicher Weingüter zu sehen. Die beiden Fotos wurden am gleichen Tag nicht weit voneinander entfernt aufgenommen. Pralle und gesunde Trauben auf der einen Seite und schrumpelige, vertrocknete Beeren auf der anderen.
Foto vom 07.10.2021: Später Befall mit Peronospora, zu hoher Anteil an Fäulnis
Foto vom 07.10.2021: Keine Pilzkrankheiten an den Trauben
Doch was hat der Winzer mit den gesunden Trauben anders gemacht als sein Nachbar? Die Unterschiede bei der Traubenqualität, wie oben auf den Bildern oben gut zu sehen, ergaben sich durch folgende Faktoren:
- Spritzstart
- Mittelauswahl bzw. Mischungen
- Spritzabstand nach Blattzuwachs
- Applikationstechnik
- Weinbauliche Maßnahmen
In diesem Artikel stellen wir dir den ersten der 5 Faktoren vor.
Faktor 1: Spritzstart – Timing ist alles
Die am schwierigsten zu bekämpfende Krankheit im Bioweinbau ist die Traubenperonospora, die die Qualität deiner Trauben stark beeinträchtigt. (Lies dazu: Ölige Flecken auf Weinblättern? So erkennst du Falschen Mehltau bzw. Peronospora im Wein)
Leider hast du im Fall des Falschen Mehltaus, wie Peronospora auch genannt wird, als biologisch wirtschaftender Winzer Pech. Denn durch die eingeschränkte Mittelwahl wird die Bekämpfung immer komplizierter. Manch Bio-Winzer beneidet da seinen konventionellen Kollegen um die Phosphonate, die er noch einsetzen darf, wie z.B. unser Frutogard.
Dir als Biowinzer bleibt eigentlich nur Kupfer im Kampf gegen Peronospora. Kupfer jedoch wirkt immer nur vorbeugend, so dass du leider immer unmittelbar vor dem Regen die Spritze vollmachen und raus musst. Womit wir beim richtigen Timing angekommen wären.
Schau doch mal in deinen Eintragungen nach, wann du mit den ersten Behandlungen 2021 angefangen hattest. Liegt dein Wingert beispielsweise in der Nähe der Vitimeteostation „Bad Bergzabern“ (nächste Grafik)? Dann wäre es gut gewesen, noch vor Fronleichnam (3.6.21) die ersten Spritzungen durchzuführen, da zu diesem Zeitpunkt laut Vitimeteo die ersten Bodeninfektionen stattgefunden haben. Bei frühen Sorten hättest du vielleicht schon ab dem 16.05. oder 17.05. mit den Behandlungen beginnen müssen, als die Triebe min. 10 cm lang waren. (Die 10er Regel lässt grüßen 😊)
Exkurs: 10er Regel - Ermittlung des 1. Termins zur Bekämpfung der Peronospora
Die Wintersporen keimen? Dann lässt eine Primärinfektion nicht lange auf sich warten, wenn das Wetter stimmt. Aber wann gibt es Peronospora-Wetter?
- Mind. 10 mm Niederschlag innerhalb von 2-3 Tagen
- Mind. 10 °C in diesem Zeitraum (hier zählt die gemessene Lufttemperatur)
- Mind. 10 cm Trieblänge
Warum unbedingt 10 cm Trieblänge? Was macht denn der eine Zentimeter schon aus? Sehr viel! Denn erst ab 10 cm sind die Spaltöffnungen deiner Reben komplett ausgebildet und die Sporen haben dann leichtes Spiel. In der üblichen Vorgehensweise musst du nun nicht direkt losfahren, sondern hast noch etwas Zeit, bis die Zweitinfektion beginnt. In dieser Inkubationszeit (in der Regel je nach Temperaturverlauf mind. 4 Tage) solltest du spritzen. Doch ist diese Vorgehensweise so wirklich sinnvoll?
Tatsächlich gibt es unterschiedliche Ansichten auch innerhalb der Offizialberatung, ob man die Primärinfektion zulassen soll oder nicht. 2021 war es ein riesiger Fehler dies zu tun. Wer erst nach Fronleichnam mit seinen Schutzmaßnahmen anfing (siehe Grafik unten), hatte deutlich mehr Probleme. Die Feuchtigkeit nahm stetig zu und die Peronospora galoppierte einfach davon. Dem Gaul bist du dann bis zum Herbst hinterhergerannt bzw. mit der Spritze hinterhergefahren.
Tipp: Lass am besten überhaupt keine Primärinfektion zu. Je später die Infektion beginnt, umso besser kommt man durch die kritische und hoch anfällige Blütezeit!
Kupfer besser direkt nach dem Regen ausbringen, damit es nicht abgewaschen wird? Lieber nicht! Es ist wichtiger, Kupfer direkt vor dem Regen zu spritzen als zu warten, bis der Regen vorbei ist und die Infektion stattgefunden hat. Denn wie oben gesagt, wirkt Kupfer nur vorbeugend und nicht kurativ, also heilend.
Quelle: RLP Vitimeteo
Was solltest du bei diesem wichtigen Faktor noch berücksichtigen? Orientiere dich beim Spritzstart auch am Oidium-Risiko. Denn je höher der Oidium-Befall deiner Reben im Vorjahr ausfiel, desto eher solltest du mit den Bekämpfungsmaßnahmen beginnen. Auch hier kannst du dich an VitiMeteo und der folgenden Tabelle orientieren.
Erster Spritztermin auf Basis der Bewertung des Vorjahresbefall mit Oidium in der betreffenden Reblage:
Befallsstärke
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Erster Behandlungstermin
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Kein Befall mit Oidium
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Mit der ersten Behandlung gegen Rebenperonospora, spätestens zwischen dem 6- und 9-Blattstadium
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Geringer Spätbefall an einzelnen Blättern und Trieben
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In einzelnen Anlagen Spätbefall gefunden
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Verbreiteter Spätbefall an den Blättern und Geiztrauben
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Starker Befall: Früher Blattbefall, Zeigertriebe, Schäden an Trauben
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Zwischen dem 3- und 6-Blattstadium
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In mehr als 5 Prozent der Anlagen Traubenbefall gefunden
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Wer zu spät kommt, den bestraft die Peronospora
Was nerven uns die Leute, die immer erster sein wollen. Das Baby in der Spielgruppe, das zuerst krabbeln kann, der Vordrängler an der Kasse, weil er ja nur 3 Teile hat, der gierige Typ am Büfett, der die Eröffnung nicht abwarten kann, der Handtuchreservierer am Pool, der erst gegen Mittag zur Liege kommt… wir kennen und hassen sie alle! Doch wenn es um Peronospora in deinem Wingert geht, dann solltest auch du der Erste sein.
Beginne rechtzeitig mit den Behandlungen in der Saison und vermeide bereits die ersten Peronospora-Infektionen. Denn nur so kann der Peronospora-Pilz seine vernichtenden Myzel-Tentakeln bestenfalls gar nicht oder erst viel später ausbreiten.
Was kannst du nun sonst noch tun, um deine Trauben bis zur Lese gesund zu halten? In unseren folgenden Blogartikeln tauchen wir in die Tiefe der Bekämpfungsmöglichkeiten ein und erzählen dir, was neben dem optimalen Spritzstart deine Reben noch vor Peronospora schützt.
Hier geht's weiter zu unserem 2. Artikel in dieser Serie:
Ist nur Kupfer allein das richtige Mittel gegen Peronospora?
PS: Apropos Timing: Das Gleiche gilt übrigens auch bei Oidium-Befall. Litten deine Reben im letzten Jahr vermehr unter dem Echten Mehltau? Dann solltest du frühzeitig mit Netzschwefel beginnen, also ab dem 3-Blatt Stadium.