Die im Frühjahr gepflanzten Weinstöcke haben sich gut entwickelt. Das Unkraut darunter leider auch. Den Kampf gegen den lästigen Bewuchs im Unterstock mit mechanischen Mitteln wie Rollhacke und Co. ist jedoch ziemlich zeitraubend und kostenintensiv. Dann vielleicht doch lieber Herbizide nehmen? Im Jungfeld?

Herbizide sind wie große SUV’s: Es mag nur derjenige diese Autos, der gerne den Überblick hat und sie praktisch findet. Warum du Herbizide auch in Junganlagen sehr gut gebrauchen kannst und gleichzeitig Zeit und Kosten einsparst, erkläre ich dir in diesem Artikel. Und pssst, du musst ja nicht alles deinen Weinkunden auf die Nase binden. Na, neugierig geworden? 

Unkräuter & Co. behindern nicht nur das Wachstum deiner Reben...

Das man Unkräuter und Ungräser in Junganlagen beseitigen sollte, damit sich die zarten Wurzeln der Weinstöcke optimal entwickeln und sie fleißig wachsen, habe ich noch aus der Berufsschulzeit im Kopf. Genau genommen heißt es ja fachlich korrekt Beikräuter, die zu falschen Zeit am falschen Platz sind. Meine Lehrer hatten sichtlich Freude, uns in der Klasse diesbezüglich zu belehren. Aber der Einfachhalt halber bleibe ich jetzt bei dem Begriff Unkräuter.

Unkräuter rivalisieren mit deinen Weinreben um Wasser und Nährstoffe. Dieser Konkurrenzdruck beeinflusst nicht nur das Wachstum der Reben, sondern sogar die Inhaltsstoffe der Trauben und somit auch die Qualität des Weins. Zudem verändern sie das Mikroklima in deiner Anlage und sind Alternativwirte für Pathogene und Schädlinge. Ich sage nur Stolbur! Du weißt schon, die Schwarzholzkrankheit, die von ihrem Wirt (u.a. Brennnessel und Ackerwinde) auf Zikaden und von ihnen auf deine Reben übertragen wird... Wenn das kein Argument ist, dem Unterwuchs den Kampf an zu sagen!

Noch ist keine optimale Zwischenfrucht oder besser Unterstockbegrünung gefunden, die die Unkräuter erfolgreich verdrängt und gleichzeitig deiner Rebe nicht die Nährstoffe klaut. Es bleibt dir somit nichts anderes übrig, als mechanisch oder chemisch dagegen vorzugehen.

Chemisch oder mechanisch dem Unkraut im Jungfeld an den Kragen?

Schon während meiner Lehre, und die ist nun schon ein paar Jahrzehnte her, haben wir diskutiert, welche mechanischen Geräte für den Unterstockbereich wohl die besten sind. Jeder von uns wusste es besser und hatte seine feste Meinung dazu. Ein Flachschar, nein ein Räumschar, nee lieber ein Stockräumer usw. Aber spätestens beim Erreichen von Bewuchsinseln mussten wir doch wieder Hand anlegen und selber schuften. Du hast bestimmt auch keine Lust mehr, an heißen Sommertagen mit dem Karscht „Stöcke zu putzen“?

Also ich würde diese Zeit lieber in die Vermarktung meiner Weine und in meine Kunden investieren. Ich muss zugeben, dass das Hacken („Hochhacken“) auch gut für die jungen Reben ist z.B. wegen der besseren Nährstofffreisetzung, aber man muss halt abwägen worin man seine Zeit investiert. Denn neben der zeitaufwändigen mechanischen Unkrautkontrolle gibt es noch eine andere Möglichkeit: Die chemische Unkrautbekämpfung mit Herbiziden.

Chemie ist nicht immer schlecht, denn alles hat seine zwei Seiten. Folgende Vorteile hat eine chemische Unkrautbehandlung in deinen Junganlagen:

  • Besserer CO2-Fußabdruck durch Einsparung von Kraftstoff
  • Erosionsgefahr im Vgl. zur mech. Bekämpfung geringer, besonders in Hanglagen
  • Kaum Bodenverdichtungen
  • Geringere Verletzungsgefahr für die Rebstämme. Dadurch haben Holzfressende Pilze (wie z.B. Esca) keine Möglichkeit ihr Unwesen zu treiben.
  • Kein Bedecken der Veredlungsstelle, wenn die Maschine den Boden umwälzt
  • Geringere Gefahr von Edelreißwurzeln und somit weniger Reblausbefall
  • Kaum Fäuledruck, da nicht ständig Stickstoff mineralisiert wird
  • Erdbienen freuen sich, wenn nicht ständig ihr mühsam gebuddelter Bau zerpflügt wird
  • Das viele „Rühren“ im Boden, vor allem spät im Sommer, fördert Botrytis
  • Geringere Kosten als mechanische Unkrautbekämpfung
  • Und zu guter Letzt: Unkrautbehandlung im Vorauflauf sieht einfach unauffälliger aus…

Wie, es sieht unauffälliger aus? Stell dir vor, ein Urlauber wandert durch deine Weinberge und bemerkt einen 40 oder 50 cm breiten Streifen mit abgestorben braunem Unkraut zwischen deinen Unterstöcken. Das sieht doch irgendwie nach diesem bösen Glyph…, äh Unkrautvernichter aus.

Oder die Urlauber (und hoffentlich späteren Weinkunden) sehen nichts als einen blanken Unterstockbereich, da du Bodenherbizide im Vorauflauf eingesetzt hast. Dadurch konnte das böse Unkraut ja gar nicht erst aufgelaufen und so groß werden, dass du es abspritzen musstest. Und den Urlauber so zu der Frage anregen, warum es denn so gelb ist… Ja ich weiß, es ist schon ein bisschen Augenwischerei, aber ich möchte mit diesem Artikel ja auch etwas zum Nachdenken anregen.

Schadet chemische Unkrautbekämpfung im Jungfeld meinen Weinreben?

Natürlich nicht, denn sonst könnte ich mir den Artikel jetzt sparen. Aus meinen Praxiserfahrungen kann ich dir jedoch sagen, dass es dennoch einiges zu beachten gibt.

Einfach mal mit Glyphosat irgendwann in Ertragsanlagen dem Unkraut eins auf die Mütze geben und Ruhe haben, das klappt in Junganlagen aufgrund der fehlenden Zulassung leider nicht. Zumindest nicht bis zum 4. Standjahr. Standjahr? Nochmal zur Erinnerung: Pflanzjahr – 1. Standjahr – 2. Standjahr – 3. Standjahr. Die ersten vier Jahre sind jetzt rum. Also erst ab dem 5. Jahr darfst du, wenn du nach Recht und Ordnung handelst, Glyphosat einsetzen. Puh, das ist doch eine recht lange Zeit.

Was solltest du grundsätzlich über Herbizide für Junganlagen wissen?

Aktuell (Herbst 2020) Es sind nur 3 Wirkstoffe in Junganlagen zur Unkrautbekämpfung zugelassen:

  • Flumioxazin: Der PPO-Hemmer wird vom Unkraut bereits beim Keimen im Boden aufgenommen, im späteren Entwicklungsstadium auch über die Blätter.  Treiben deine Reben schon aus, wenn du Flumioxazin einsetzen willst bzw. sind grüne Pflanzenteile vorhanden? Dann schütze sie durch eine Tubex-Röhre, denn dieser Wirkstoff kann Nekrosen bei grünen Teilen hervorrufen. Um bereits verholzte Teile brauchst du dir aber keine Gedanken machen, hier gibt es keine Bedenken. Flumioxazin ist der mittlerweile einzige zugelassene Wirkstoff im ersten und zweiten Standjahr. Einmal mit Flumioxazin behandelt, solltest du den Unterstockbereich danach nicht mehr hacken. Warum? Unsere blaue Punktewolke (siehe weiter unten) wird sonst zerstört und die Wirkung ist futsch. Flumioxazin ist zudem sehr sehr lange wirksam. Bis zu 6 Monate hast du dann deine Ruhe.
  • Propyzamid: Dieses Bodenherbizid mit Wurzelwirkung hemmt die Zellteilung der Unkräuter. Im Spätherbst bei feuchtem Boden entfaltet es seine beste Wirkung. Wie Flumioxazin auch hast du sehr lange Ruhe (2-6 Monate) vor neuem Bewuchs.
  • Napropamid: Dieses Vorauflaufherbizid ist genau wie Propyzamid ebenfalls ein Bodenherbizid und wird nach dem Pflanzen auf unkrautfreiem Boden vor dem Austrieb eingesetzt. Zugelassen ist es gegen Acker-Fuchsschwanz, Einjähriges Rispengras, Einjährige zweikeimblättrige Unkräuter jedoch ohne Klettenlabkraut. Nach dem Ausbringen solltest du auch hier den Boden in Ruhe lassen.

Warum funktionieren Bodenherbizide manchmal nicht?

So einfach wie es klingt, ist es in der Praxis oft nicht. Ein Blattherbizid vorbeugend auf den Unkraut freien Boden spritzen? Mittlerweile weiß hoffentlich jeder deiner Kollegen, dass das Ärger bedeutet. Aber ein Bodenherbizid, welches gleichzeitig auch ein Vorauflauf-Herbizid sein kann, auf bereits deutlich aus der Erde ragende Unkräuter zu spritzen, das kam schon öfters vor.

Der Erfolg ist dann in der Regel nicht so toll, weshalb sie in den Verruf gekommen sind manchmal nicht zu wirken. Zu Unrecht! Denn ein Boden- und Vorauflauf-Herbizid ist nun mal nur darauf ausgelegt, das Unkraut vor dem Auflaufen bis maximal zum 2. Laubblatt zu erwischen.

Betreibst du neben Wein- auch Ackerbau oder Obstbau, so bist du wahrscheinlich eher mit dem Umgang der verschiedenen Bodenherbizide vertraut als jemand, der nur Rebflächen bearbeitet. Da ein exakter Einsatzzeitpunkt (je nach Größe der Unkräuter) entscheidend für den Erfolg dieser Produkte ist, schauen wir sie uns doch einmal genauer an.

Wie wirken eigentlich Bodenherbizide am Beispiel Flumioxazin und Propyzamid?

Bodenherbizide wirken, wie der Name schon sagt, hauptsächlich im Boden. Flumioxazin und Propyzamid werden aber unterschiedlich von den Unkräutern aufgenommen. Zum besseren Verständnis erkläre ich dir das Wirkstoffaufnahmeprinzip mit schematischen Darstellungen.

So funktioniert der Wirkstoff Flumioxazin (als Boden- und Vorauflauf-Herbizid)

Wirkungsweise von FlumioxazinAuf diesem schön gezeichneten Bild siehst du einen schematischen Querschnitt des Bodens mit frisch keimendem Unkraut. Die blaue Punktwolke stellt den Wirkstoff Flumioxazin nach dem Ausbringen dar. Du brauchst jetzt keine Sorgen haben, wenn aus deiner Spritze keine blauen Tropfen kommen. Der Wirkstoff ist gar nicht blau, ich habe es zur besseren Visualisierung nur blau eingefärbt.

Wie läuft das nun ab? Die Unkräuter kommen beim Durchstoßen der Bodenoberfläche mit Flumioxazin in Kontakt. Durch helles Sonnenlicht und einen feuchten Boden hemmt es Enzyme und bildet freie Sauerstoffradikale, die die Zellmembranen im Unkraut zerstören. Und aus die Maus, also natürlich Unkraut. Bereits aus Samen aufgelaufene Pflanzen, die sich noch im Keimblattstadium befinden, nehmen auch noch nach der Behandlung den Wirkstoff über das Blatt auf. Wurzelunkräuter werden dummerweise nicht ausreichend bekämpft.

So funktioniert der Wirkstoff Propyzamid (als Boden- und Nachauflauf-Herbizid)

Wirkungsweise_PropyzamidHier siehst du nun eine Graspflanze mit ausgebildeten Wurzeln. Nach dem Einsatz von Propyzamid in den Wintermonaten November bis März (auch bei gefrorenem Boden einsetzbar) wird der Wirkstoff nach und nach von der Bodenoberfläche oder den Pflanzenteilen in die Wurzelzone im Boden eingewaschen. Vorrausgesetzt es hat genug geregnet. Beginnt dann im Frühjahr wieder alles zu wachsen, wird der Wirkstoff über die Wurzeln der Ungräser aufgenommen. Propyzamid greift dann in den Eiweißstoffwechsel des Unkrauts ein und die Pflanzen sterben ab. Aber keine Angst, die Weinrebe ist davon nicht betroffen. Versprochen.

Ein Unterschied von Bodenherbiziden zu z.B. Glyphosat ist, dass Bodenherbizide i.d.R. auch selektive Herbizide sind. Kurz gesagt, du wirst nicht immer alle Unkräuter und Ungräser damit los. Aber wie oben erwähnt, erwischt auch das bekannte Totalherbizid nicht alle Beikräuter. Was kannst du da tun?

Wie können möglichst alle Unkräuter doch erfasst werden?

Die Mischung macht's! Bodenherbizide haben unterschiedliche Wirkungsspektren. Kombinierst du sie geschickt, kannst du gleich mehrere "Fliegen" mit einer Klappe schlagen. In deinen Junganlagen ist die Mischung mit Propyzamid und Flumioxazin perfekt geeignet, um wirklich jedes kleinste Unkraut zu erwischen.

Sind deine Junganlagen dann später zu herrlichen Tafeltrauben-Ertragsanlagen angewachsen, darfst du auch eine Mischung mit Flumioxazin und Glyphosat im Unterstock spritzen. Aber hier noch einmal der Hinweis: Diese Mischung erst bei Anlagen ab dem 4. Standjahr ausbringen!

Wirkungsschwerpunkt Flumioxazin und PropyzamidWann ist der Einsatztermin der Wirkstoffe?

Auf dem mit grün markiertem Jahr dürfen die Wirkstoffe eingesetzt werden, in den mit rot nicht. Hätte man auch erahnen können. 😊

EinsatzterminIn welchen Monaten soll ich die Mittel ausbringen?

Die idealen Monate sind wieder zufällig in grün markiert.Ausbringungszeitpunkt Herbizide Junganlagen

Welche Voraussetzungen sind für einen erfolgreichen Einsatz von Flumioxazin und Propyzamid zu beachten?

Der Boden sollte zu max. 30 % mit Unkraut bedeckt sein, damit genug Wirkstoff auf den Boden gelangt. An den Bildern unten kann man gut sehen was ich meine.

In diesem Bild ist der Unterstockbereich wenig mit Unkraut bedeckt. Dieser Zustand ist ideal, damit du erfolgreich Bodenherbizide einsetzen kannst.

Unterstock mit wenig Unkraut
In diesem Bild ist der Boden zu stark bedeckt. Sieht dein Unterstockbereich so aus, müsstest du dem Unkraut vorab mechanisch zu Leibe rücken.

Unterstock mit viel Unkraut

So bringst du Flumioxazin richtig aus

Für eine sichere Wirkung ist eine möglichst feinkrümelige Oberfläche notwendig. Auf klutigen Böden mit Spritzschatten sind Wirkungsminderungen zu erwarten. Du möchtest ja schließlich einen lückenlosen Spritzfilm, damit das Unkraut nicht seinen Weg doch noch findet. Um Schäden bei der Behandlung zu vermeiden, solltest du Abdrift geminderte Düsen mit dem Typ 06 einsetzen.

So ein Splash-Schaden an Weinrebe muss nicht sein
Autsch, was ist denn mit dieser Rebe passiert? So sieht es aus, wenn der Einsatz der Tubex-Röhre vergessen wurde. Den Winzer, der mich ganz aufgebracht anrief, konnte ich Gott sei dank beruhigen. Diese Schäden sind nur oberflächlich und verwachsen sich wieder. Einen dauerhaften Schaden müsstest du in so einem Fall nicht befürchten.

Die Jungreben (außer Hochstammreben) solltest du im Pflanzjahr z.B. mit einer Tubex-Röhre schützen, um Splash-Schäden wie im Bild zu vermeiden. Da sich ein Spritzfilm mit Flumioxazin auf der Bodenoberfläche befindet, kann es vorkommen, dass bei Starkregen der Wirkstoff vom Boden auf die Blätter der Jungreben gelangt und zu Verbrennungen führt. Deshalb vorher immer den Wetterbericht im Auge behalten.

Kann ich nach dem Flummioxazin-Einsatz gleich wieder nachpflanzen?

Ja, das geht. Im Vergleich zu einem Sulfonylharnstoff, der im Jahr vorher ausgebracht zu Wuchsdepressionen führen kann, ist das bei Flumioxazin kein Problem.

Unkrautbekämpfung in Junganlagen ist harte Arbeit!

Aber mit den richtigen Mitteln sparst du dir viel Zeit, Kosten und schonst zudem noch deinen Boden! Vorteile für chemische statt mechanischer Unkrautbekämpfung in deinen jungen Reben gibt es viele. So kannst du dir viele Überfahrten (und damit Dieselkosten) sparen, deinen Boden schonen und Erosionen besonders in Hanglagen vermeiden. Und Herbizide haben im Gegensatz zu Maschinen keine scharfen Teile, die deine Reben beschädigen könnten.

Drei Wirkstoffe kannst du aktuell (Stand Herbst 2020) in deinen Junganlagen zur Unkrautbekämpfung einsetzen. Erinnerst du dich noch? Flumioxazin, Propyzamid und Napropamid. Warum manche Bodenherbizide manchmal nicht so gut funktionieren, liegt oft am falschen Einsatzzeitpunkt, der nicht die Größe der Unkräuter berücksichtigt. Wie wirken Bodenherbizide und was kannst du tun, um möglichst alle Unkräuter, die sich in deinem Unterstock tummeln, zu erfassen? Ich habe das am Beispiel von Flumioxazin und Propyzamid erklärt. Ein paar Tipps zur richtigen und erfolgreichen Ausbringung der Wirkstoffe gab es noch oben drauf.

Hat dir der Artikel über Unkrautbekämpfung in Junganlagen gefallen? Dann könnten dich auch unser Artikel über Oidium oder auch Peronospora interessieren. 😊

Quellen:

http://www.oeaip.at/fileadmin/user_upload/PDF_Dateien/Pflanzenschutz_allg/Leitlinie_fuer_den_integrierten_Weinbau_2019.pdf

https://www.der-badische-winzer.de/unterstockpflege-herbizide