Oidium oder auch Echter Mehltau genannt, gehört zu den wichtigsten Schaderregern im Weinbau. Vernachlässigst du die Bekämpfung, kann er dir die ganze Ernte vernichten!
Vielleicht bist du der Meinung ein paar befallene Trauben sind nicht so schlimm, aber da liegst du falsch. Auch wenn du nur einen geringen Oidium-Befall auf deinen Trauben hast, kann er den Geschmack deines kompletten Weins verderben.
Wie du nun diesen lästigen Begleiter namens „Echten Mehltau“ vorbeugst, bekämpfst und natürlich erkennst, erfährst du hier. Aber schauen wir uns erstmal an, mit wem wir es hier zu tun haben…
Woher kommt eigentlich Oidium? Wir gehen auf die Reise…
Wie so viele Krankheiten und Schädlinge im Weinbau kommt auch der Echte Mehltau aus Amerika. Eingeschleppt wurde er Mitte des 19. Jahrhunderts mit Unterlagsreben aus Nordamerika. Das hatten die Winzer sich damals wohl anders gedacht.
1845 entdeckte der englische Hobbygärtner William Tucker im Südosten Englands das erste Mal einen weißen Belag auf Weinblättern unter seinem Mikroskop. Pfiffig wie er war, veröffentlichte er seine Beobachtungen und konnte sich seitdem rühmen, dass der mittlerweile wichtigste Schaderreger im Weinbau nach ihm benannt wurde – Oidium tuckeri. Inzwischen hat sich jedoch die Nomenklatur geändert und der Pilz wird im Weinbau nun „Erysiphe necator bzw. Uncinula necator“ genannt. Der Trivialname Oidium ist jedoch bis heute erhalten geblieben.
Schadbild Oidium: Erkenne den Feind auf den ersten Blick
Dieser Schlauchpilz befällt alle grünen Pflanzenteile deines Weinstocks, d.h. Triebe, Blätter sowie Beeren und überzieht sie mit einem weißlichen Belag, der später ins graue übergeht. Es beginnt auf der Unterseite der Blätter im Frühjahr, wandert auf die Oberseite und schreitet dann langsam über die Gescheine und Trauben fort.
Vielleicht hast du schon mal von Oidiumfiguren gehört? So werden die dunkelbraunen Flecken auf dem Holz bezeichnet, die durch den Echten Mehltau hervorgerufen werden. Besonders gefährlich ist es für deine jungen Beeren. Der Pilz bringt die jungen Trauben zum Aufplatzen. Wäre dies nicht schon schlimm genug, können dadurch die Samen hervortreten, auch Samenbruch genannt.
Dies kann dir erhebliche Ernteausfälle bescheren, da die befallenen Beeren einen negativen Einfluss auf die Weinqualität haben und du sie bei der Lese mühsam aussortieren musst. Und dieses Aussortieren solltest du dir in keinem Fall sparen! Denn bereits 5% befallenen Trauben reichen aus, um deinen Wein geschmacklich negativ zu beeinflussen! Muffig und bittere Weine möchte niemand trinken.
Oidium mag es warm
Du weißt jetzt wie dein Feind aussieht. Doch um sich vor ihm zu schützen oder ihn nach einem Angriff effektiv zu bekämpfen, müssen wir ihn genauer unter die Lupe nehmen.
Das haben natürlich schon viele Wissenschaftler vor uns getan. So hat eine Studie des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg / Breisgau Ende der 1990er Jahre in Deutschland herausgefunden, dass die Temperatur der bedeutendste Faktor für die Entwicklungsgeschwindigkeit des Oidiumpilzes ist.
Die Zeit zwischen Eindringen des Pilzes und Sporenbildung, die Latenzperiode, ist bei Temperaturen zwischen 17°C und 28°C am allergrößten. Hier dauert es nur zwischen 5 und 7 Tagen, bis die Sporen gebildet werden und sich der Befall ausbreitet. Das bedeutet, dass du ab Mai bis in den September hinein ständig auf der Hut sein musst.
Kommen dazu noch Nächte mit hoher Luftfeuchtigkeit und Tau oder zieht ein Hochdruckgebiet auf, so herrschen optimalen Oidium-Bedingungen. Niederschläge hingegen stören die Entwicklung des Echten Mehltaus. Ergiebige Regenfälle können sogar einen großen Teil des Sporenpotentials vernichten. Trotzdem solltest du deine Hände nicht in den Schoß legen wenn es regnet.
Du könntest zum Beispiel Prognosemodelle konsultieren. Ganz tolle Prognosemodelle zum Infektionsrisiko mit Oidium, aber auch mit anderen Schaderregern im Weinbau wie Peronospora und Schwarzfäule, findest du von Vitimeteo.at von der Weinbauschule Krems und für Deutschland unter vitimeteo.de vom staatlichen Weinbauinstitut Freiburg.
Kurz zusammengefasst: Das Infektionspotential für Oidium ist in kühlen, niederschlagsreichen Perioden eher gering, in trockenen, warmen Perioden als hoch einzuschätzen.
Aber Achtung! Oidium ist von der heimtückischen Sorte! Bei hohem Befall während der Saison überwintert er im Weingarten (zwischen den Knospenschuppen und/oder am Holz) wodurch du im Folgejahr bereits sehr früh mit einem Oidium-Ausbruch in deiner Anlage rechnen musst. Sollte das bei dir der Fall sein, so solltest du unbedingt eine ganzjährige Oidium-Bekämpfung durchführen.
Oidium bekämpfen: besser zu früh als zu spät
Nun kannst du die Lupe wieder weglegen und die Ärmel hochkrempeln. Der Kampf beginnt! Ganz wichtig ist der optimale Zeitpunkt! Beginne früh mit der Ausspritzung von Schwefel, am besten schon ab Knospenschwellen bis Austrieb.
Dann erwischt du den Feind mit deiner Spritzung hoffentlich vor dem Ende der Latenzperiode und reduzierst so bereits frühzeitig überwintertes Pilzgewebe. Und du schlägst zwei Fliegen mit einer Klappe, denn du kannst dadurch gleichzeitig die Kräuselmilbe bekämpfen.
Die Schwefelspritzung hält den Pilz in Schach und das Befallsniveau niedrig, da die neugebildeten Oidium-Sporen nun nur auf Pflanzengewebe treffen, das du vorher mit den richtigen Fungiziden behandelt hast. Wenn es an den Tagen nach dieser Behandlungen Temperaturen von mindestens 18°C gibt, sind dir beste Behandlungserfolge sicher.
Hattest du im Vorjahr einen sehr starken Mehltau-Befall in deinen Anlagen? Dann solltest du die nächste Oidium-Behandlung im 3-Blatt-Stadium mit Schwefel einplanen. Ansonsten reicht es aus, wenn du erst bei für den Pilz optimalen Witterungsbedingungen (du erinnerst dich?), z.B. im 6- bis 9-Blatt-Stadium, die nächste Behandlung setzt.
Das „Oidium-Fenster“ – die wichtigste Phase in der Oidium-Bekämpfung
Nicht nur bei Star Trek öffnen sich Zeitfenster…. Auch in der Oidium-Bekämpfung gibt es ein gefährliches Zeitfenster, in dem das junge Gewebe der Reben, besonders die kleinen jungen Beeren, einem Oidium-Angriff schutzlos ausgeliefert sind.
Das „Oidium-Fenster“ öffnet sich ca. 10 Tage vor der Blüte (ca. BBCH 57) und bleibt bis die Beeren ungefähr erbsengroß sind (BBCH 73) geöffnet. Sind deine Reben durch diese Pforte geschritten, darfst du deine Spritzabstände nicht zu groß werden lassen.
Siehst du den Feind schon, so kann er nur schwer bekämpft werden. Deshalb musst du früh genug aktiv werden, womit wir wieder bei den Prognosemodellen wären. Mit ihnen kannst du dir nicht nur ein Bild über die Höhe der Infektionsgefahr machen, sondern auch optimale Spritzabstände sowie die empfohlenen Pflanzenschutzmittel (kontaktwirksam oder systemische) ermitteln. Achte ganz besonders bei den eingesetzten Produkten auf den Wechsel verschiedener Wirkstoffgruppen. Dies hilft Resistenzen vorzubeugen.
Resistenzen bei der Oidiumbekämpfung vorbeugen
Apropos Resistenzen… Setzt du immer das gleiche Fungizid ein, kann Echter Mehltau aber auch andere Erreger Resistenzen entwickeln. Fungizide wirken sehr spezifisch, denn sie greifen nur an wenigen Orten des Pilzstoffwechsels an.
Wenn diese Präparate zu oft eingesetzt werden, nimmt in Folge die Wirkung dieser Wirkstoffe ab. Wählst du Kombinationspräparate mit einer Belagskomponente, sogenannte Multi-Site Fungizide, so kannst du dieses Risiko deutlich verringern. Es hat sich aber auch bewährt, eine Tankmischung mit 0,5 % formuliertem Kaliumhydrogencarbonat oder 1 % Schwefel + konventionellen Oidium-Fungiziden auszubringen, um die Reben gegen Resistenzen zu schützen.
Gleichzeitig kannst du mit dieser Kombination die Bekämpfungswirkung in dieser kritischen Phase sogar noch steigern. Und das ohne zusätzliche Rückstände, denn formuliertes Kaliumhydrogencarbonat ist nichts anderes als Pflanzenschutzmittel formuliertes Backpulver mit Netz- und Haftmitteln.
Das „Oidium-Fenster“ schließt sich – die heikelste Phase hast du überstanden!
Mit dem Schließen des „Oidiumfensters“ (bis ca. Erbsengröße der Beeren) endet für dich auch die heikelste Phase der Oidiumbekämpfung während des Vegetationsjahres. Wenn du diese Phase „befallsfrei“ abgeschlossen hast, kannst du deine Spritzintervalle bis zur Ernte, je nach Infektionsgefahr, auf 10 bis 14 Tage ausweiteten.
Solltest du trotz deiner Bemühungen doch noch einen Oidiumbefall an den Trauben feststellen, musst du sofort eine Stoppspritzung mit einem kurativ wirkenden Produkt in Kombination mit formuliertem Kaliumhydrogencarbonat durchführen. Lege hierbei besonderes Augenmerk auf ausreichend hohen Wasseraufwand bei der Applikation, denn die befallenen Trauben müssen unbedingt „tropfnass“ gespritzt werden!
Warum ist tropfnass so wichtig, fragst du dich? Es gewährleistet, dass sich ausreichend Spritzbrühe an den befallenden Trauben und Pflanzenmaterial anlagert. Entfernst du vor der Spritzung noch einige Blätter in der Anlage und stellst somit die Traubenzone frei, wird der Bestand viel besser benetzt. Drehst du die untersten Düsen der Pflanzenschutzspritze leicht nach oben, kannst du deine Trauben noch von unten ausreichend benetzen und erwischst so wirklich jeden versteckten Feind. Je nach Schwere des Oidiumbefalls kann eine zweite Stoppspritzung von Nöten sein.
Feind erkannt – Feind gebannt
Damit der von dir gekelterte Wein nachher auch lecker schmeckt und vielleicht auch einen Preis gewinnt, darf sich keine Traube mit Oidiumbefall in deiner Maische befinden. Wache deshalb das ganze Jahr über mit Argusaugen über deine Reben.
Entdeckst du weiße Beläge auf Zeigertrieben, auf Oberseiten, auf deinen Beeren oder nimmst du sogar schon einen muffigen Geruch in deinem Weingarten war, so solltest du sofort handeln, bevor es zu spät ist. Optimalerweise beginnst du schon vor den ersten Anzeichen mit deinen Bekämpfungsmaßnahmen. Dazu stehen dir viele sehr gute Fungizide zur Verfügung.
Mit unseren Tipps sollte es für dich nun keine allzu große Herausforderung sein, eine Top-Traubenqualität für deine weitere Weinbereitung zu produzieren. Viel Erfolg!
Möchtest du mehr zu formuliertem Kaliumhydrogencarbonat wissen, kannst du hier weiterlesen.