Regen, Regen, Regen, Peronospora erwischt jeden. Ist das wirklich so? In 2021 - dem schrecklichsten Pero-Jahr seit langem - gab es auch Winzer, die dem Falschen Mehltau ein Schnippchen schlagen konnten. Und das, obwohl sie rein biologisch wirtschafteten! Wie das ging? Lies in diesem Artikel den zweiten von 5 Tipps für einen erfolgreichen Kampf gegen Plasmopara viticola.
Faktor 2: Peronospora-Fungizide – die Qual der Wahl
Du fragst dich jetzt sicherlich, warum Fungizide hier als Faktor 2 auftauchen. Schließlich ist Kupfer das Mittel der Wahl, wenn es um die Bekämpfung der Rebenperonospora im Bioweinbau geht, oder etwa nicht? Ja und nein.
Kennst du schon unseren Artikel zu Faktor 1? Lies hier: Verringere mit dem richtigen Spritzstart den Peronospora-Befall deiner Reben
Aber beginnen wir am besten von vorn. Kupfer kennt die Menschheit schon viele Tausend Jahre. Besonders als Pflanzenschutzmittel ist es einzigartig, denn es vereint sowohl fungizide als auch bakterizide Eigenschaften. Sprich es wirkt sowohl gegen pilzliche als auch bakterielle Krankheitserreger. Und Kupfer greift nicht nur an einem Ort den Stoffwechsel des Schädlings an, sondern gleich an mehreren. Der Fachbegriff dieses Wirkmechanismus lautet hier "multi-site-inhibitor". Dies alles macht Kupfer so besonders wirksam und weißt ihm eine wichtige Rolle im Resistenzmanagement zu.
Aber Kupfer ist nicht gleich Kupfer. Es gibt viele verschiedene Kupferformulierungen, die teilweise schon vor 100 Jahren eingesetzt wurden:
- Kupfersulfat + Calciumhydroxid (Bordeauxbrühe) seit 1880
- Kupferoxychlorid seit 1926
- Kupferhydroxid seit 1994
- dreibasisches Kupfersulfat
Sie enthalten alle das Metall Kupfer als unlösliches Salz. Unlöslich? Ja, denn erst beim Kontakt mit Wasser und z.B. CO2 aus der Luft werden die Pilzabtötenden Kupferionen freigesetzt und können ihre Arbeit beginnen. Die Kupfer-Ionen müssen in einer ausreichenden Anzahl auf der Pflanzenoberfläche vorhanden sein, damit jede Pilzspore erfasst und an der Auskeimung gehindert werden kann. Zusätzlich ist eine gleichmäßige
Verteilung des Spritzbelages wichtig, damit es nicht zu Unter- als auch Überkonzentrationen kommt. Günstig ist zudem die kontinuierliche Freisetzung der Kupfer-Ionen aus dem Wirkstoffdepot, um so eine möglichst lange Wirkungsdauer zu erreichen.
Da die meisten Kupferfungizide bereits viele Jahre zugelassen sind, gibt es unzählige Versuche und vielleicht hast du dein Lieblingsfungizid auch längst schon im Pflanzenschutzlager liegen. Natürlich kann ich hier anbringen, dass die nadelförmige Kristallstruktur von Kupferhydroxid im Vergleich zum Kupferoxychlorid einen großen Vorteil bietet. Denn bei gleicher Cu-Ausbringungsmenge wird die Blattoberfläche durch Kupferhydroxid viel gleichmäßiger bedeckt. Die oktaederförmige Kristallstruktur des Kupferoxychlorids schafft das nicht so gut.
Kein Wunder, denn zwischen diesen 2 Formulierungen liegen auch Jahrzehnte. In dieser Zeit hat die Wissenschaft enorme Fortschritte gemacht. So war auch das erste Kupferhydroxid bei weitem nicht so leistungsfähig wie das heutige. Allein durch die Optimierung der Partikelgröße erreichte man enorme Wirkungsverbesserungen, und das alles innerhalb nur weniger Jahre.
Hinsichtlich der Pflanzenverträglichkeit, der Regenfestigkeit und der Anfangs- und Dauerwirkung der unterschiedlichen Kupferwirkstoffe gibt es ebenfalls Differenzen. Und was ist mit der Formulierung bzw. Formulierungshilfsstoffe der einzelnen Wirkstoffe/Produkte? Ja, auch sie können den entscheidenen Unterschied ausmachen. Auch wenn der gleiche Wirkstoff drin ist, bringen oft erst die Formulierung bzw. hinzugefügte Hilfsstoffe (z.B. Netzmittel) den entscheidenden Wirkungskick. Hier könnte ich einen ganzen Artikel drüber schreiben. (Was ich auch bestimmt bald machen werde. 😊) Deshalb schließe ich den Kupfer-Exkurs hier ab.
Auf eine Sache möchte ich jedoch noch hinweisen. Hast du schon einmal von Synergieeffekten bei Pflanzenschutzmitteln gehört? Hier ergeben sich durch Mischen zweier verschiedener Mittel viel bessere Resultate als durch den Solo-Einsatz der Mittel. Oder sogar eine sogenannte positive Nebenwirkung/Indikation, die die einzelnen Mittel so nicht hatten laut Zulassung.
Herbert Welte von Certis hat herausgefunden, dass die Aktivität der freien Kupfer-Ionen durch die Mischung mit einem formulierten Kaliumhydrogencarbonat (auch bekannt unter dem Namen Kumar 😊) sich so stark erhöht, dass bei gleicher Menge Kupfer die fungizide Wirkung signifikant verbessert wird. Gleichzeitig werden nur so viele freie Cu-Ionen gebildet, dass es nicht zu grundsätzlich unvertretbaren phytotoxischen Auswirkungen auf die behandelten Pflanzen kommt. Also bessere Wirkung gegen Peronospora (und andere Pilzkrankheiten) bei gleichzeitig gesunden Pflanzen. 😊 Diese (patentierte) Entdeckung kristallisierte sich als eine der wirkungsvollsten Methoden zur Kupferminimierung heraus und zeigt gleichzeitig eine Wirkungssteigerung gegen Traubenperonospora um mehr als 40%-Punkten. Das nenn ich mal einen Knaller!
Die super Wirkung dieses Synergieeffektes hat sich auch im Jahr 2021 besonders bestätigt. Wer wenig bis gar kein formuliertes Kaliumhydrogenkarbonat zusammen mit Kupfer eingesetzt hatte siehe Bild, hatte am Schluss z.B. beim Riesling sehr oft Probleme mit Peronospora und auch mit Botrytis.
Lies auch: Faule Trauben an den Reben? 7 Bausteine zur Bekämpfung von Botrytis
Hilfe, meine Trauben glänzen! Werden Sie noch reif?
Dieses Bild zeigt gesunde glänzenden Trauben. Der Glanz ist typisch für den mehrmaligen Einsatz mit formuliertem Kaliumhydrogenkarbonat (Kumar).
Die glänzenden Trauben sorgen übrigens oft für reichlich Diskussion bei den Berufskollegen. „Man, die Trauben werden doch nie reif!“ Pustekuchen, die wurden genauso reif, wie die des integriert wirtschaftenden Nachbarn und blieben zudem auch noch lange gesund, so dass sie sogar noch den späteren Reifeschub im Herbst mitnehmen konnten. Da war der Kellermeister mit Sicherheit zufrieden.
Viele Wege führen nach Rom - oder viele Mittel führen zu Reben ohne Peronospora
Kommen wir noch einmal zu der Eingangsfrage zurück: Gibt es neben Kupfer auch andere Pflanzenschutzmittel gegen Plasmopara viticola, der Rebenpersonospora? Ja, die gibt es tatsächlich.
Folgende Wirkstoffe sind ebenfalls im ökologischen Weinbau gegen Peronospora zugelassen:
- Pythium oligandrum: Selbst ein Pilz, der das Gewebe phytopathogener Pilze wie Personospora zersetzt
- COS-OGA: Eine Kombination natürlich vorkommende Oligosaccharide z.B. Chitosan-Oligmer
- Cerevisane: Wirkstoff, der auf nicht lebenden Zellwänden des Hefestammes Saccharomyces cerevisiae LAS117 beruht.
- Chitosan und Chitosan Hydrochlorid: Zwei Grundstoffe, die als Elizitoren zur Stärkung der Pflanzenabwehrkräfte beitragen
Leider kann ich dir jetzt nicht ein neues Super-Duper-Allheilmittel gegen den Falschen Mehltau präsentieren. Denn ich habe leider keine Informationen über die Wirksamkeit dieser Wirkstoffe. Vielleicht hast du schon mit einem dieser Kollegen Erfahrungen gesammelt? Dann schreib gern an blog@certiseurope.de.
Ach ja. Was ist denn mit den ganzen Netz- und Haftmittel? Bringen die was? Jein.
Hier ist es ratsam, genau zu hinschauen, welche Zusatzstoffe tatsächlich eine sinnvolle Ergänzung für deine Strategie sein könnten. Setzt du hochwertig formulierte Fungizide ein oder eher unformulierte Grundstoffe? Formulierte Pflanzenschutzmittel werden überlicherweise auf die Bedürfnisse der Hauptkultur angepasst. Je nachdem ob die Blattoberfläche eher haarig oder eher glatt ist, wird das Fungizid dann genau mit den passenden Formulierungs- und Zusatzstoffen aufgehübscht. Setzt du solche Mittel dann in einer eher kleinen Kultur ein, kann man sie noch durch Zusatzstoffe verbessern. Bei der Hauptkultur, wie auch Wein eine ist, kannst du hingegen mit extra Zusatzstoffen die Wirkung sogar ins Gegenteil verkehren. So steigerst du durch Zumischen eines Haftmittels zwar die Regenfestigkeit deines Kupferfungizids, nur kann dann der Kleber den Wirkstoff einschließen. Das Fungizid wird dann zwar praktischerweise durch den Regen nicht abgewaschen, aber die eigentliche fungizide Wirkung lässt nach. Was für ein Ärger!
Die meisten Kupferprodukte (so auch die von Certis) sind so formuliert, dass sie regenfest sind, aber trotzdem der Kupferbelag genügend Kupfer-Ionen freigibt für eine gute Wirkung. Sonst wird es nämlich nix mit der guten Wirkung.
Peronospora in Schach halten? Lieber gar nicht erst zulassen!
Peronospora beeinträchtigt deine Traubenqualität erheblich! Wir haben für dich in diesem Artikel den zweiten von insgesamt fünf Faktoren beschrieben, wie du dich auch als Bio-Winzer gegen diesen Pilz wehren kannst. Hier die Links zu den jeweiligen Artikeln:
- Spritzstart: Verringere mit dem richtigen Spritzstart den Peronospora-Befall deiner Reben
- Mittelauswahl bzw. Mischungen (hast du gerade gelesen)
- Spritzabstand nach Blattzuwachs (folgt)
- Applikationstechnik (folgt)
- Weinbauliche Maßnahmen (folgt)
Auch interessant für dich? 6 Tipps wie du Falschen Mehltau/Peronospora im Wein professionell bekämpfst
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